Nach fünf Jahren Negativzinsen sind wir schon soweit, dass wir den Begriff «negativ» fast automatisch mit Negativzinsen in Verbindung bringen. Wir können leider auch nichts anderes bieten.

Wer geglaubt hatte, mit den minus 0,75%, die uns die Nationalbank aufbrummt, wären wir am oberen Rand des vielleicht und kurzfristig noch akzeptablen, muss zur Kenntnis nehmen, dass in diversen akademischen Zirkeln – etwa beim IMF – intensiv darüber nachgedacht wird, ob es denn möglich wäre, noch weit tiefer ins Minus zu gehen. Denn nach zehn Jahren Tiefstzinsen fehlt jetzt das klassische geldpolitische Instrumentarium, um mit Zinssenkungen die Wirtschaft anzukurbeln. Und gerade das könnte schon bald nötig sein.

Nachdem Wirtschaft und Kapitalmärkte sich wie Drogenjunkies an das Gratisgeld gewöhnt haben, hat es wie beim Medikamentenmissbrauch im Akutfall nun keine Wirkung mehr. Ausser man erhöht die Dosierung nochmals massiv. Etwa bis minus 6%. Dass entsprechende Gedankenspiele von Fachleuten angestellt werden, denen man im Alltag wohl durchaus Seriosität und Verlässlichkeit attestieren würde, zeigt auf, wohin und wieweit wir es in Sachen Wirtschafts- und Geldpolitik gebracht haben.

Gerade rührend ist derweil zu beobachten, wie hierzulande von Politik und Fachverbänden um ein Almosen aus dem Negativzinsen-Kässeli der Nationalbank gebettelt wird. Nur 1 oder 2 Milliarden, für die AHV oder für die Pensionskassen. Natürlich wird die SNB nicht nachgeben. Und sie macht im Alleingang Konjunkturpolitik, Währungspolitik, Geldpolitik. Und sitzt auf 800 Milliarden Währungsreserven, bei deren Anlage und Einsatz sie sich erst recht nichts vorschreiben lassen will. Allerdings ist ihre Freiheit nicht grenzenlos. Sie hat sich ans Gängelband der EZB geheftet und diese könnte durchaus in Versuchung geraten, das Projekt Euro mit massiven Negativzinsen zu stützen. What ever it takes, hiess die Drohung vor 7 Jahren. Sie gilt weiterhin. Die Reaktion der SNB mag man sich gar nicht ausdenken, falls die EZB zum äussersten greift.

Für Sparer und für Pensionskassen schwebt das wie eine dunkle Wolke über dem Horizont. Überlegungen dazu und was allenfalls vorzukehren wäre, scheinen nirgendwo angestellt zu werden. Man balgt sich lieber um einen realitätsfernen Umwandlungssatz und populistische Themen wie das Frauenrentenalter.

Peter Wirth, E-Mail