Die Übungsanlage für den neuerlichen Anlauf zu einer BVG-Revision überzeugte: Die Sozialpartner setzen sich zusammen, erarbeiten einen Vorschlag, der Bundesrat übernimmt ihn und das Parlament braucht die Vorlage bloss noch durchzuwinken. Statt dass sich Politiker mit dem Geschäft profilieren, sollen jene, die bezahlen, das Sagen haben. So müsste es sein in der 2. Säule.

Schade nur, dass der Kompromiss, der jetzt als Resultat vorliegt, einen Konstruktionsfehler aufweist. Es ist der durch die Aktiven kollektiv finanzierte Rentenzuschlag, der die Freude am Sozialpartnerprojekt verdirbt.

Obwohl von den Gewerkschaften durchgesetzt, verteidigt der Arbeitgeberverband den Zuschlag tapfer gegen alle Angriffe. Der Kompromiss sei so fein austariert, dass ihn schon die kleinste Änderung gefährde, wird gewarnt. Als ob es sich um ein Kartenhaus handle, das der kleinste Windstoss zu Fall bringt.

Die beiden Spitzen des Arbeitgeberverbands – Präsident Vogt und Direktor Müller – haben in einem NZZ-Beitrag mit dramatischer Metaphorik versucht darzustellen, wie schlimm es um die 2.Säule steht und welche Gefahr droht, wenn der Vorschlag nicht  integral übernommen wird: «Das symbolische Haus der beruflichen Vorsorge ist einsturzgefährdet, wenn die unterste Etage morsch und der Baugrund nicht mehr tragfähig ist», heisst es.

Und: «Hier setzt der Sozialpartnerkompromiss an: Er sichert die Zukunftsfähigkeit aller Kassen. Fehlt diese Garantie für die ganze berufliche Vorsorge und wird der von Gewerkschaften und Arbeitgebern austarierte Kompromiss im neu zusammengesetzten Parlament aufgeschnürt, droht ein Debakel. Dann wären sämtliche Akteure in einer wackligen Bauruine gefangen und müssten um die Renten zittern.»

Davon kann natürlich keine Rede sein. Es gilt auch bei diesem Päckli nicht gleich «alles oder nüt». Zu unterscheiden sind Anpassungen der technischen Parameter wie Koordinationsabzug, Eintrittsschwelle, Beitragssätze auf der einen und die Finanzierung der Kompensationsleistungen auf der anderen Seite. Und die beiden Elemente sind von der Systematik her voneinander unabhängig. Zur Finanzierung liegen diverse Vorschläge vor und diese lassen sich mit jedem Reformvorschlag kombinieren. Das ASIP-Modell beispielsweise kommt ohne weitere Solidaritäten und Umverteilung aus.

So scheint die Angst der Arbeitgeber vor einer allfälligen «Aufschnürung» durch das Parlament nicht durch das System als vielmehr politisch bedingt zu sein. Der SGB droht wie üblich mit dem Referendum, wenn nicht alle seine Wünsche erfüllt werden, insbesondere falls der von ihm erfundene Rentenzuschlag wegfällt. Das aber sollte für den Arbeitgeberverband noch lange kein Grund zu Panik sein. Ausser es liegt dem Geschäft eine «hidden agenda» zugrunde, wie die SVP argwöhnt.

Nein, für eine simple und erst noch technisch längst nicht ausreichende Anpassung des Mindest-Umwandlungssatzes, der zudem nur für eine Minderheit der Destinatäre relevant ist, benötigen wir kein neues Umverteilungssystem von jung zu alt à la AHV. Das «symbolische Haus» der beruflichen Vorsorge lässt sich auch ohne Luxusrevision und Sozialversicherungs-Beton stabilisieren.

Peter Wirth, E-Mail