Christoph Zenger von Covasys Wyttenbach & Zenger warnt in einem Beitrag auf Inside Paradeplatz vor der der vorgeschriebenen Marktkurswertbewertung von Obligationen.

Das seit über zehn Jahren auch für Obligationen geltende, allgemein übliche Marktkurs-Bewertungsprinzip fordert, dass die Pensionskassen sie zum aktuellen Börsenkurs bewerten müssen. Zu Kursen also, die niemals Bestand haben werden.

Denn es ist sicher, dass die Kurse in der Zukunft gegen pari (100%) konvergieren werden. Die Pensionskassen buchen also Gewinne, die mit Sicherheit wie Schnee in der Sonne dahinschmelzen werden – es sei denn, die Anleihe würde umgehend verkauft. Ansonsten entstehen Scheingewinne, die nach geltender Rechnungslegungsordnung erlaubt respektive sogar verordnet sind.

Die Aufsichtsbehörde sollte dieser Praxis ein Ende setzen, weil der von ihr stark beachtete Deckungsgrad zu hoch ausgewiesen wird. Sie müsste die Pensionskassen dazu anhalten, die negativ rentierenden Anleihen höchstens mit jenem Kurs in den Büchern zu führen, welcher eine Rendite auf Verfall in der Höhe des technischen Zinssatzes garantiert. (…)

Leider offenbart sich auch in diesem Fall die „theorieinduzierte Blindheit“ (Kahneman) der Regulatoren und Pensionskassen-Berater. Schuld daran ist jedoch primär die moderne Portfoliotheorie, die mit ihrer Verabsolutierung des Marktkonzeptes unser gesamtes Anlagewesen verseucht und den gesunden Menschenverstand ausgeschaltet hat.

„Laut dem Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) muss der technische Zins einer Pensionskasse so angesetzt werden, dass er durch den Ertrag aus dem Vermögen finanziert werden kann.“ (NZZ, 27. August 2019, S. 29). Anders formuliert bedeutet dies, dass die Vermögenserträge den technischen Zinssatz beziehungsweise die Sollrendite (inklusive den Kosten) finanzieren müssen – und zwar mittels effektiven Erträgen.

So könnte man sich im Sinne einer vorsichtigen und der nachhaltigen Finanzierung der Renten dienenden Buchhaltungsprinzips sogar vorstellen, dass die Pensionskassen nur die Cash-Flows (Dividenden, Nettomieten und Zinsen) und die realisierten Netto-Kursgewinne (realisierte Verluste abgezogen) als Vermögenserträge buchen – die Buch- respektive Scheingewinne und -verluste dagegen nicht.

Bevor eine Pensionskasse ihren Fokus auf vermeintlich nachhaltige Aktien, Obligationen und andere Anlagen richtet, sollte sie sicherstellen, dass die Gesamterträge ihres Vermögens die Renten langfristig finanzieren können.

Obligationen mit negativer Rendite tragen überhaupt nichts dazu bei – im Gegenteil: Sie vernichten Kapital, welches für die nachhaltige Rentenfinanzierung dringend gebraucht würde.

  Inside Paradeplatz