imageDer Politograf Michael Hermann kommentiert im Tages-Anzeiger die Idee der WAK-S zum Link zwischen Steuervorlage 17 und AHV-Finanzierung.

Die Stimmbevölkerung kann und muss sich völlig unabhängig von der Unternehmenssteuerfrage zur Reform der Altersvorsorge äussern können. Oder wollen wir im selben Aufwasch gleich auch noch die Gesundheitsvorsorge und das Verkehrssystem refinanzieren? Wäre der ständerätliche Deal eine Volksinitiative, sie würde für ungültig erklärt – wegen fehlender Einheit der Materie.

Ausgerechnet die Ständekammer die sich gern etwas auf ihre qualitativ hochstehende Gesetzesarbeit einbildet, pfeift auf den verfassungsmässigen Grundsatz, dass zwischen den einzelnen Teilen einer Abstimmungsvorlage ein sachlicher Zusammenhang bestehen muss. Dies zu ignorieren, ist keine Lappalie. Die Einheit der Materie ist die Grundvoraussetzung dafür, dass die Stimmerechtigen ihren Willen unverfälscht äussern können.

Wenn sich der Nebel der Petarde verzogen hat, wird von der ach so cleveren Idee wenig übrig bleiben. Die Öffentlichkeit lässt sich nicht für dumm verkaufen. Bald wird klar sein, dass eine Sanierung der AHV durch die Allgemeinheit keine Kompensation für Steuererleichterungen bei den Unternehmen ist. Parlamentarische Allianzen, die in der Gruppendynamik eines Kommissionszimmers geschmiedet werden, zerfallen oft ganz schnell, wenn sie den geschützten Sitzungsraum verlassen.

Oder spätestens dann, wenn das Referendum steht. Jedenfalls wird es eine Unternehmensreform ohne Volksabstimmung nie geben – dazu ist die Sache viel zu aufgeladen. Warum deshalb nicht versuchen, die Bevölkerung wie ein mündiges Gegenüber zu behandeln statt mit Petarden einzunebeln? Dies wäre vielleicht nicht so clever, aber bestimmt um einiges klüger.

Fabian Schäfer, Bundeshausredaktor des TA widerspricht:

Wer an den Erfolgsaussichten dieses Deals zweifelt, unterschätzt den extremen Druck bei der Steuerreform. Alle, auch Exponenten der SP, wissen, wie existenziell eine baldige Einigung ist. Andernfalls ist die Gefahr gross, dass andere Länder Firmen in der Schweiz in Bedrängnis bringen, weil sie die hiesigen Steuerregimes nicht mehr anerkennen.

Deshalb will das Parlament die Vorlage im Eiltempo bis zum September bereinigen. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kompromiss durchkommt. Das Parlament hat gar keine Gelegenheit, den Deal zu zerreden. Wenn der Nationalrat die Eckwerte verändert, ist der Fahrplan rasch hinfällig. Es fehlt schon nur die Zeit, eine andere, mehrheitsfähige Lösung aufzugleisen. Wer den Plan der Ständeräte trotzdem bekämpft, steht als Hasardeur da.

So speziell der Kompromiss auf den ersten Blick auch wirkt: Die Chancen, dass er durchkommt, sind gut. Der Plan ist weder grandios noch eine Schnapsidee, sondern einfach sehr pragmatisch.

  TA