imageDie Schweizer Versicherung hat mit Markus Leibundgut, CEO der Swiss Life, ein Interview zu aktuellen Fragen der Assekuranz geführt. Dabei kamen auch das Kollektivgeschäft und die 2. Säule zur Sprache.

Massiv rückläufig ist das Geschäft mit Kollektivversicherungen. Ist Ihnen das Risiko bei den Vollversicherungen zu hoch?
Es ist nicht nur das Risiko. Wir haben auch eine Verantwortung gegenüber unseren Bestandeskunden, damit die Qualität im Bestand hoch bleibt. Dazu kommen die zu hohen Kapitalanforderungen. Aus diesem Grund sind wir vorsichtig bei der Zeichnung von neuem Geschäft. Leider können wir längst nicht mehr jeden Kunden aufnehmen, der zu uns kommen möchte.

Die Oberaufsichtskommission der beruflichen Vorsorge und die Finma sind besorgt, dass Kleinstbetriebe wegen der zurückhaltenden Zeichnungspolitik der Lebensversicherer bald gar kein Angebot mehr erhalten.
Die Sorge ist durchaus berechtigt. Als Schweizer Bürger finde ich die Situation hoch problematisch, weil die KMU darauf angewiesen sind, dass ihnen jemand über eine Garantie die Schwankungsrisiken ihrer Vorsorge abnimmt. Wenn die Lebensversicherer das aufgrund der restriktiven Kapitalvorschriften nicht mehr können, ist das schlecht für unsere Wirtschaftskraft und unseren Wohlstand.

Forciert werden die teilautonomen Lösungen. Viele Firmen können oder wollen aber das Anlagerisiko nicht selber tragen.
Das ist richtig. Es gibt aber auch zahlreiche Unternehmen, für die eine teilautonome Lösung ganz genau passt.

Alle noch verbliebenen Versicherer mit einer BVG-Lösung treten auf die Bremse. Droht da nicht ein Notstand?
Doch, diese Gefahr sehe ich. Daher ist es zentral, dass wir bei den überhöhten Kapitalanforderungen bald einen Schritt weiterkommen.

Die strengen Vorschriften des Swiss Solvency Test SST sind ein Grund für die selektiven Neuaufnahmen in der Vollversicherung. Könnte eine Lockerung der Regulierung für Abhilfe sorgen?
Ja, es muss dafür gesorgt werden, dass die Marktfähigkeit der verbleibenden Anbieter gewahrt bleibt.

Nach dem Nein zum Reformprojekt «Altersvorsorge 2020» sollen zunächst die AHV und erst in einem zweiten Schritt die berufliche Vorsorge saniert werden. Wie gehen Sie im Bereich der Vollversicherung mit dem unveränderten Umwandlungssatz von 6,8 Prozent im Obligatorium der 2. Säule um?
Wir versuchen, die systemfremde Umverteilung zwischen den Erwerbstätigen und den Rentnern möglichst schonend zu vollziehen. Swiss Life hat in diesem Zusammenhang zusätzliche Rückstellungen für die Finanzierung zukünftig anfallender Aufwendungen aus dem überhöhten Umwandlungssatz gebildet. Das ist aber kein langfristig haltbarer Zustand. Deshalb ist die Reform der 2. Säule zwingend parallel zur AHV anzugehen.

Was braucht es, damit die berufliche Vorsorge wieder in ein finanzielles Gleichgewicht kommt?
Die Senkung des Umwandlungssatzes als dringendste Massnahme steht im Vordergrund. Sie muss mit Massnahmen innerhalb der 2. Säule kompensiert werden, namentlich mit einer Anpassung der Altersgutschriften und einer Senkung des Koordinationsabzugs.