Die Lohndifferenz zwischen Mann und Frau hat mit der anvisierten Erhöhung des Frauen-Referenzalters auf 65 erhebliche politische Bedeutung erlangt. In der Handelszeitung geht Ralph Pöhner der Frage nach den Gründen der Differenz nach. Und kommet zum gleichen Schluss wie SVP-Mann Germann, ein bisschen scheint die Sache gottgegeben.

Niemanden erstaunt, dass Frauen lieber eine Firma wählen, die Krippenplätze bietet, wo man flexible Arbeitszeiten hat oder auch mal im Homeoffice arbeiten kann – kurz: Sie haben ein Faible für familienfreundliche Betriebe. Doch diese Betriebe haben eine Kehrseite: Ihr Lohnniveau ist eher tiefer. Auch dazu gibt es eine aktuelle Studie, erarbeitet von Ökonomen und Statistikern der Duke Universität sowie der Uni Uppsala.

Mit schwedischen Daten zeigten sie auf, dass gerade in den familienfreundlichen Unternehmen am Ende weniger herausspringt für die Frauen. Die interne Lohnkluft ist zwar nicht grösser, im Gegenteil. Aber die Stellen sind dort standardisierter, sie sind austauschbarer – mit Grund: Eine Firma, die viele ähnliche Jobs aufweist, ist flexibler; und damit kann sie leichter Teilzeit-, Jobsharing- oder Homeoffice-Varianten schaffen. Nur: Diese Jobs sind oft schlechter honoriert als spezialisiertere Aufgaben. Und obendrein bieten sie weniger Karrierechancen. (…)

Ergo sehen selbst die Gleichstellungs-Champions in Skandiavien schlecht aus, wenn es um die Lohnkluft geht: Mit 15 bis 20 Prozentpunkten sind die Unterschiede im Norden ebenso gross wie hierzulande. Dies zeigt definitiv, wie schwer sich das Problem ideologisch und gesellschaftspolitisch bekämpfen lässt. Ökonomen aus Princeton, London und Kopenhagen stellten das Rätsel soeben in ein neues Licht, anhand des Beispiels Dänemark.

Denn dort sind sich Frauen- und Männerlöhne beim Einstieg in die Berufswelt wirklich nah: Kein dänischer Chef würde es noch wagen, derb zu diskriminieren. Zum Vergleich: In der Schweiz, so eine Nationalfondsstudie von 2013, verdienen junge Frauen schon im allerersten Job rund 7 Prozent weniger als Männer.

Aber auch im Norden folgt der Backlash konsequent: Sobald das erste Kind zur Welt kommt, stürzen die relativen Einkommen der Arbeitnehmerinnen ab – und auf lange Sicht verdienen Mütter 20 Prozent weniger als Väter.

Nur: Die dänischen Angebote bei Kinderbetreuung, Elternurlaub oder Papazeit sind dermassen ausgebildet, dass Väter und Mütter aus Human-Resources-Sicht nun wirklich dasselbe sind. Trotzdem hatten sich Ausfälle bei den Löhnen der Mütter im beobachteten Zeitraum von 1980 bis 2013 sogar noch verstärkt.

Die Forscher um den Princeton-Ökonomen Henrik Kleven mussten also am Ende händeringend eingestehen, dass ihre Daten wohl ganz viele ganz persönliche Wünsche der jungen Männer und Frauen spiegeln, die sich die Kinderbetreuung halt ein bisschen schief aufteilen. Zu untersuchen wäre einfach noch, so Kleven, wie sehr sich in dieser Einseitigkeit soziale Normen niederschlagen. Und wie sehr sie im Innern des Menschen angelegt ist.

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