Martin Kaiser, Geschäftsleitungsmitglied des Arbeitgeberverbands, kommentiert den Entscheid der Axa zur Aufgabe des Vollversicherungsgeschäfts.

Der Schritt kommt für Experten nicht wirklich überraschend. Er ist sowohl die Folge einer anhaltenden Versicherungsschelte der Gewerkschaften als auch einer zögerlichen Politik, die in der Altersvorsorge die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft nicht entschlossen genug angeht. Die Leidtragenden des sinkenden Wettbewerbs in der beruflichen Vorsorge sind letztlich unzählige Schweizer KMU und ihre Mitarbeitenden, welche weniger Versicherungsoptionen in Kauf nehmen und deswegen das Anlagerisiko zunehmend selber tragen müssen.

Rund 99 Prozent der Schweizer Arbeitgeber beschäftigen weniger als 250 Mitarbeitende. Sie sind in aller Regel nicht in der Lage, eine eigene autonome Pensionskasse zu führen. Insbesondere KMU in Branchen mit geringeren Margen, die sich nur eine BVG-Lösung ohne zusätzliche überobligatorische Versicherung leisten können, haben sich bisher häufig für eine Vollversicherungslösung entschieden. Dieses Modell garantiert die Leistungen auch in Krisenzeiten. So blieben während der Finanzkrise die Leistungen der Versicherten unangetastet, derweil die Versicherungsgesellschaften die hohen Anlageverluste mit ihren Reserven decken mussten. (…)

Es ist nun höchste Zeit, dass die Gewerkschaften die Interessen ihrer Mitglieder in der Altersvorsorge wirklich vertreten. Denn sie sind nicht unschuldig am Ausstieg des zweitgrössten Anbieters von Vollversicherungen. Sie haben mit ihrem andauernden «bashing» der Versicherungsbranche und dem Vorwurf angeblich zu hoher Gewinneinbehaltung das Umfeld vergiftet. Der wachsende Scherbenhaufen liegt definitiv nicht im Interesse der Arbeitnehmer. Besonders die Politik muss den Tatsachen in der Altersvorsorge endlich ins Auge sehen. Leider erachtet auch sie es als unpopulär, die Herausforderung der alternden Gesellschaft und der tiefen Zinsen in der Altersvorsorge entschlossen anzugehen.

Offen ist, wie es im Kampf der Sammeleinrichtungen um Marktanteile letztlich um die finanzielle Nachhaltigkeit der beruflichen Vorsorge bestellt ist. Es wird immer deutlicher, dass unser verpolitisiertes BVG nicht zukunftsfähig ist. Zwar trägt der Stiftungsrat einer Vorsorgeeinrichtung eine hohe persönliche Verantwortung. Gleichzeitig fehlen ihm für seine Führung aber wichtige Kompetenzen wie die adäquate Festlegung von Mindestumwandlungssatz und Mindestzins.

Nötig wäre ein austariertes System von Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortung. Dass es auch anders geht, beweist Liechtenstein: Im Fürstentum ist der Stiftungsrat ohne politisch festgelegten Mindestumwandlungs- und Mindestzinssatz in der Lage, seinen Leistungsauftrag im Interesse von Arbeitgebern und Arbeitnehmern ausgewogen und verantwortungsvoll wahrzunehmen – und dies mit Erfolg.

  Arbeitgeberverband