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“Wegen des Volks-Neins von 2017 zur Rentenvorlage werde die Neuauflage der Reform «teurer», sagt Sozialminister Alain Berset. Dem Volk wird damit einmal mehr Sand in die Augen gestreut”, schreibt Hansueli Schöchli in der NZZ.

Mit der abgelehnten Reform wären die AHV-Ausgaben laut den BSV-Zahlen von 2018 bis 2025 netto um insgesamt knapp 2 Milliarden Franken gesunken, aber von 2026 bis 2045 wären sie total um etwa 22 Milliarden gestiegen – und mit jedem Jahr danach wären nochmals mindestens 2 Milliarden Franken hinzugekommen. Per saldo ist also klar, dass ein Volks-Ja 2017 viel teurer gekommen wäre als eine Sanierung ohne Leistungsausbau. Den Ausbau hätte das Publikum irgendwie zahlen müssen: durch zusätzliche Steuern, Lohnbeiträge und/oder eine Erhöhung des ordentlichen Rentenalters.

Bersets Rhetorik ähnelt somit der Rhetorik der Vermittler von Lockvogel-Hypotheken während des Immobilienbooms in den USA: Solche Hypotheken erforderten in den ersten Jahren weder Zinsen noch Rückzahlungen und wurden den Kunden als «günstig» verkauft – doch in der Folge entpuppte sich die Sache für die Kunden als umso teurer.

Hinzu kommt ein zweiter Trick. Die vom Volk abgelehnte Vorlage hätte das Vermögen der AHV bis etwa 2029 über den als Minimum betrachteten 100 Prozent der Jahresausgaben gehalten (die Jahresausgaben liegen derzeit bei 40 bis 45 Milliarden Franken). Nach 2029 wäre es massiv bergab gegangen, weil zunehmend geburtenstarke Jahrgänge in Rente sind. Die neue Vorlage soll mit der geplanten Erhöhung der Mehrwertsteuer den Fall des AHV-Vermögens unter die 100-Prozent-Marke bis Ende 2032 verhindern.

Diese drei zusätzlichen Jahre klingen nach wenig, machen aber enorm viel aus. Ohne Reform würde das AHV-Vermögen laut Bundesrechnung von 2018 bis 2029 um total knapp 32 Milliarden Franken schrumpfen und von 2030 bis 2032 alleine um weitere 25 Milliarden. Die Sanierung der AHV für 2030 bis 2032 kostet somit fast so viel wie die Sanierung der zwölf vorangegangenen Jahre zusammen. Laut Rechnung des Bundes sind die Betriebsverluste der AHV in den nächsten Jahren noch gering, doch danach wird es ständig schlimmer (vgl. Grafik). (…)

Will man aus Sicht der Generationengerechtigkeit eine einigermassen «ausgewogene» AHV-Sanierung, würde sich eine Kombination von Steuerfinanzierung und allgemeiner Erhöhung des Rentenalters aufdrängen. Doch davon ist man weit entfernt; nach dem Willen des Bundesrats mindestens bis tief in die 2030er Jahre hinein.

Der Abstimmungskampf vor dem Urnengang 2017 war hüben wie drüben geprägt durch bewusste Irreführungen des Publikums. Es scheint nun im gleichen Stil weiterzugehen.

  NZZ