(sda) Bis zu 1,7 Mehrwertsteuer-Prozente für die AHV, Rentenalter 65 für Frauen und flexibler Rentenbezug zwischen 62 und 70 Jahren.

Diese Eckwerte  für eine neue Reform der Altersvorsorge hat der Bundesrat am 2.3.18 beschlossen. Zum Ausgleich für das höhere Frauenrentenalter muss Sozialminister Alain Berset drei Varianten ausarbeiten. Geprüft werden soll, ob dafür Erträge aus der Mehrwertsteuer, Lohnbeiträge oder beides verwendet werden sollen.

Eine Mehrwertsteuer-Erhöhung um 1,7 Prozent würde der AHV rund 6 Milliarden Franken einbringen. Die Mehrwertsteuer soll in einem Schritt erhöht werden. Damit will der Bundesrat die AHV bis 2033 finanziell stabilisieren. Eine Vernehmlassungsvorlage zur AHV-Reform soll noch vor den Sommerferien vorliegen.

Die Reform der zweiten Säule will der Bundesrat in einer separaten Vorlage weiterverfolgen. Er setzt dabei auf die Sozialpartner. Der Bundesrat erwarte aber, dass es auch bei der beruflichen Vorsorge «vorwärts gehe», sagte Alain Berset an der Pressekonferenz.

Kritik an den Plänen kommt vorab von Seite der SP. In einer Mitteilung heisst es:

«Wenn der Bundesrat plant, die Sozialwerke auf dem Buckel der Frauen zu sanieren, hat er die Rechnung ohne die Frauen gemacht. Die Reform wird teuer und eine ordentliche, spürbare Kompensation muss gegeben sein. Ohne diese wird er nicht durchkommen und die SP wird dafür nicht Hand bieten», sagt SP-Vizepräsidentin Barbara Gysi.

Nach der gescheiterten Altersreform 2020 zeigt sich nun, dass die Rechnung immer teurer wird, je länger noch zugewartet wird. Es ist deshalb wichtig, dass die nächste Reform vor der Bevölkerung eine Mehrheit findet. SP-Nationalrätin Silvia Schenker stellt klar: «Mit einer unsozialen Reform wäre die Ablehnung der Bevölkerung vorprogrammiert.»

Die CVP trauert der abgelehnten AV2020 nach:

Heute hat der Bundesrat Eckwerte einer neuen Reform der Altersvorsorge vorgestellt. Zur Sanierung der AHV und hauptsächlich zum Ausgleich der durch die Demografie bedingten Mehrkosten soll die Mehrwertsteuer um 1,7 Prozent steigen. Nachdem FDP und SVP die Rentenreform bekämpft haben, kommt nun die Quittung: Es wird viel teurer und die Versprechen nach einer besseren Lösung können nicht eingehalten werden. Die aus dem Reformstau resultierende Erhöhung der Mehrwertsteuer geht der CVP zu weit:

  • Eine so starke Erhöhung trifft insbesondere Familien und Haushalte mit tieferem Einkommen deutlich härter. Die CVP wird weiterhin eine moderate Erhöhung der Mehrwertsteuer unterstützen.
  • Eine reine Geldspritze in die AHV ohne Sanierungsmassnahmen ist keine Lösung, und kommt viel zu teuer. Eine umfassende Sanierung ist nötig.

Auch der Arbeitgeberverband ist nicht erbaut:

Der Bundesrat hat die Eckwerte für die AHV-Reform präsentiert. Sie enthalten die Angleichung des Rentenalters auf 65/65 in vier Schritten sowie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um bis zu 1,7 Prozent. Das enorm knappe Resultat zur Abstimmung über die Mehrwertsteuererhöhung im Rahmen der Reform Altersvorsorge 2020 weist aber klar darauf hin, dass eine Steuererhöhung «auf Vorrat» von mehr als 0,6 Mehrwertsteuer-Prozenten selbst eine abgespeckte AHV-Reformvorlage gefährden könnte. Die vom Bundesrat vorgesehene Steuererhöhung um bis zu 1,7 Prozent fällt deshalb viel zu hoch aus und wird im weiteren Verfahren zu korrigieren sein.

Statt mit einer überschaubaren und ausgewogenen ersten kleineren Reform die AHV-Renten erst einmal mittelfristig zu sichern, riskiert der Bundesrat mit seinem Ansatz bereits im Parlament oder spätestens an der Urne ein neuerliches Fiasko. Im Gegensatz zum Bundesrat hat das Volk die demografischen Realitäten verstanden. Die Alterung der Gesellschaft führt dazu, dass die umlagefinanzierte AHV finanziell immer stärker unter Druck gerät.

Mittelfristig sind deshalb strukturelle Massnahmen – eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters ab etwa Mitte der 20er-Jahre – unumgänglich. Der Bundesrat hat mit der Verabschiedung der Eckwerte den Neustart verfehlt. Nun droht eine weitere Verzögerung des dringend notwendigen ersten Schritts zur Sicherung der AHV-Renten auf heutigem Niveau. Das ist nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger – und insbesondere der Rentnerinnen und Rentner.

Zurückhaltend gibt sich der Gewerkschaftsbund:

Die Pensionskassenrenten sinken. Und ein immer grösserer Teil der AHV geht für Krankenkassenprämien und Gesundheitskosten drauf. Das sind die grossen Probleme der Schweizer Altersvorsorge. Die heute vom Bundesrat festgelegten Eckwerte geben hier keine Antwort. Im Gegenteil: Mit der vorgeschlagenen Erhöhung des Frauenrentenalters schafft der Bundesrat neue Probleme.

Positiv ist immerhin, dass der Bundesrat eine substanziellere AHV-Zusatzfinanzierung vorschlägt als in der Altersvorsorge 2020. Das gibt der AHV finanziell mehr Luft und reduziert den Druck auf die Leistungen. Wobei der SGB eine Erhöhung der Lohnbeiträge der Mehrwertsteuer vorzieht.

Für den SGB ist klar: Die heutigen Probleme der Altersvorsorge können nur mit einer Erhöhung der AHV-Renten gelöst werden. Ein höheres Frauenrentenalter lehnt der SGB ab.

  Mitteilung BSV / Reaktion SP / SGB / CVP / Arbeitgeber