Beat Kappeler fragt sich in der NZZamSonntag, wo denn der Produktivitätsfortschritt bleibt und gibt Antworten:

Hat unsere Volkswirtschaft ein Leck? 2017 spuckte die Industrie 8,7% mehr Güter aus, eine enorme Leistung. Doch das gesamte Inlandprodukt stieg nur um 1%, und die Löhne nahmen bloss um 0,5% zu.

Da muss irgendetwas weggeronnen sein, bevor das Sozialprodukt auf die Tische kam. Es ist wohl kaum der Finanzminister, der ein bisschen vom Budgetüberschuss beiseitelegte, es ist auch nicht das Geld, das die Postautos einsteckten. Anderes ist am Wirken. (…)

Mein liebstes Hassbüro ist die Oberaufsicht der Beruflichen Vorsorge. Aus dem Nichts vor ein paar Jahren eingerichtet, nach keinem einzigen Skandal oder Bedürfnis, kontrolliert sie die 26 Kantone und deren Aufsicht noch einmal. 25 Stellenprozente und eine hochmögende Begleitkommission finanzieren sich mit 50 Rappen Abgabe pro Versicherten der Pensionskassen. Eine wegen des Postautoskandals verlangte Oberaufsicht über die öffentlichen Betriebe würde genau so liebevoll aufgeblasen und wenig nützen.

Alle diese Stellen produzieren Jahresberichte, Statistiken, erlassen hoheitliche Weisungen mit neuen Auflagen. Aber so isst sich das gesteigerte Sozialprodukt auf. In Frankreich ernennt man laufend «Observatoires» für Arbeit, Spitäler, Verwaltung, in Italien zählt man 1600 «Enti inutili». Solche Stellen sind gut bezahlt, die Organe sind kaum mehr abzusetzen. Die Kontrollierten dienen ihnen zu, weil sie keine Wahl haben. Würde man das alles ausforsten, würde viel Steuergeld eingespart. Wichtiger noch: Die wirklich Produktiven im Lande würden durch keine Kontrollen ausgebremst in ihrem Elan. Die entlassenen Akademikerheere müssten sich in der dann echt expansiven Industrie nützlich machen.

Die 50 Rappen Abgabe an die Oberaufsicht zeigen, warum dieser Verwaltungsausbau fast unbemerkt am Tropfenzähler läuft. Wenige fürs Publikum unsichtbare Sammelpunkte kassieren die Abgaben ein, die Oberaufsicht hier, die Finma dort, Swissmedic da. Der Bürger spürt direkt nichts davon, nur verteuerte Produkte, aber das Inlandprodukt pro Beschäftigten wächst kaum, die Löhne auch nicht. Lecks muss man stopfen.

  NZZaS