Die Oberaufsichtskommission musste sich in der Vergangenheit regelmässig fachliche Fehlleistungen und Überschreitung ihrer Befugnisse vorwerfen lassen. Sie hat das in der Regel gelassen zur Kenntnis genommen. Weisungsentwürfe wurden zwar revidiert oder ganz zurückgenommen, neue Entwürfe lösten aber stets wieder die gleichen Vorwürfe aus. Ein Lernprozess war und ist nicht festzustellen. Auch an dieser Stelle geäusserte Kritik bildet bei der OAK bestenfalls Anlass für mildes Amüsement.

Wer von der Weisungsaktivität nicht direkt betroffen ist, kümmert sich nicht darum; ein Medienthema ist ihre Tätigkeit nicht. Und wer unmittelbar mit einer Weisung für den eigenen Bereich oder gar mit direkten Interventionen zu rechnen hat, will es sich mit ihr nicht verderben und hält sich zurück.

Beat Kappeler nannte die OAK in der NZZ am Sonntag einmal «mein liebstes Hassbüro», wobei er damit den beträchtlichen personellen (und finanziellen) Aufwand bei nach seiner Ansicht weitgehender Nutzlosigkeit formulierte. Kappeler ist nicht der einzige, der Zweifel an ihrem Nutzen hat. Die Historie der Behörde weist eine lange Reihe von Peinlichkeiten und aufgegebenen Vorhaben auf, und das in einer Häufung, die man so schnell nicht bei einer anderen Institution des Bundes finden dürfte.

Bisher gescheitert am branchenweiten Widerstand ist die OAK mit der Vorgabe verbindlicher Kennzahlen, was nicht heisst, dass das Projekt ganz aufgegeben wurde. Selbst der sonst eher zurückhaltende ASIP fand an einem Weisungsentwurf nichts Brauchbares. Aufgelaufen ist sie u.a. auch mit Governance-Vorgaben, mit denen Angehörigen der kantonalen Exekurive der Einsitz in die Aufsichtsräte der Direktaufsicht untersagt werden sollte. Ein Postulat aus der Innerschweiz hat dem Vorhaben zumindest vorläufig einen Riegel geschoben.

Eine Weisung zur Behebung von Unterdeckungen hat bei den PK-Experten zu allerlei ironischen Bemerkungen geführt. Eine Zuschrift an uns fasste die Weisheit der Vorschrift so zusammen: «Wenn eine PK also wissen will, ob die Unterdeckung erheblich ist, muss sie 5 Jahre ohne Sanierungsbeiträge abwarten. Wenn die Unterdeckung dann weg ist, war sie gering, sonst nicht – und dann hätte man früher eingreifen müssen». Also etwa nach der Weisheit, wenn der Bumerang nicht zurückkehrt, dann war es keiner.

Die Weisung betreffend die Anlagestiftungen führte in der Anhörung zu folgender bemerkenswerter Feststellung der KGASt: «Der vorliegende Weisungsentwurf enthält gesetzestechnische Widersprüche, die durch uneinheitlichen Sprachgebrauch entstehen sowie Normenwidersprüche, die zu unterschiedlichen Rechtsfolgen führen können. Wo nicht schon gestrichen, müssen solche Weisungsbestimmungen in Übereinstimmung mit Gesetz und Verordnung formuliert werden.» Und ExpertSuisse stellte dazu schlicht aber ergreifend fest: «Wir können nicht erkennen, wie sich aus Art. 64a Abs. 1 Bst. a und Abs. 2 BVG eine Kompetenzregelung ergibt, um Anforderungen an Anlagestiftungen festzulegen.»

In einer Anhörung zum Thema Revisionsstelle kam ExpertSuisse zum Schluss: «Im Übrigen müsste – vorgängig einer weiteren Regulierung – zunächst ein Nachweis für schlechte Prüfungsqualität vorliegen. Nach unserem Wissen existieren jedoch keine Erhebungen, welche den Vorwurf minderer Prüfungsqualität in statistischer Signifikanz erhärten würden.» Im selben Zusammenhang meinte Werner Enz in der NZZ, das ganze Vorhaben sei eine «Schnapsidee».

Erste Reaktionen auf die jetzt in eine Anhörung gegebene Weisung zu den Sammelstiftungen folgen einem bekannten Muster. Der Vorwurf von prominenter Seite der Sammelstiftungen lautet auf Kompetenzüberschreitung. Die weiteren Kritikpunkte sind lapidar zusammenzufassen mit der Beurteilung als «überflüssig» und «undurchführbar».

Die Liste liesse sich beliebig fortsetzen.

Die OAK, vom Bedürfnis getrieben, ihren Willen notfalls gegen den Widerstand der Fachwelt par Ordre de Mufti durchzusetzen, stösst Mal um Mal auf Kritik, die nicht als blosse Interessenwahrung der Betroffenen abgetan werden kann, sondern regelmässig auf inhaltliche und formale Mängel der Weisungsentwürfe zurückzuführen ist.

Jetzt hat erstmals der Bundesrat eingegriffen. Konkreter Anlass bildete die Weisung für die Revisionsstellen, es hätte aber auch jede andere sein können. Zwei Jahre nach Einreichung eines Postulats ist das Ergebnis einer vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Expertise publiziert worden. Und über ein Jahr hat der Bundesrat gebraucht, bis er mit dem Text herausgerückt ist. Wünschbar und notwendig wäre eine generelle Überprüfung der OAK-Aktivitäten, soweit wollte der Bundesrat nicht gehen. Und sein Tadel ist erwartungsgemäss milde ausgefallen. Mehr als Wattebällchen in Richtung OAK werden nicht geworfen. Aber immerhin.

Von oberster Stelle wurde ganz klar eine Überschreitung der Weisungsbefugnis moniert. Die OAK ist ins Gärtchen bundesrätlicher Verordnungskompetenzen geraten. Das kann und darf sich der Bundesrat nicht bieten lassen. Mit süffisanter Gebärde kann die OAK den Vorwurf diesmal nicht abtun. Wundern darf man sich aber, dass die Juristen der OAK solche Fehlleistungen regelmässig übersehen. Entweder steckt dahinter System – nach dem Motto: man kann es ja versuchen – oder sie sind ihr Geld nicht wert.

Wird der bundesrätliche Warnfinger etwas bewirken? Man wird sehen. Ist er mit einem Reputationsschaden verbunden? Wir zweifeln. Das Ganze spielt sich in einem Nischenbereich der Politik und vor spärlichem Publikum ab. Und dieses wird kaum überrascht sein, sondern sich wohl eher bestätigt fühlen.

Peter Wirth, E-Mail