War das noch Information oder schon Propaganda? Welche Rolle der SP-Bundesrat im Abstimmungskampf zur Rentenreform hatte beschreibt Stefan Häme im Tages-Anzeiger.

Nachdem er in den letzten Wochen Dutzende von Auftritten absolviert und Interviews gegeben hatte, setzte Berset am Freitag zum Schlussspurt an. Per Twitter rief er dazu auf, ein Ja für die Rentenreform in die Urne zu legen.

Die Reaktionen liessen nicht lange auf sich warten: «Meines Wissens ein Novum: Bundesrat ruft im Schlussspurt per Twitter zum Stimmen für Behördenpositionen auf», schrieb Claude Longchamp vom Forschungsinstitut GFS Bern. Der Aufruf hat einen grossen Empfängerkreis erreicht: Berset zählt mehr als 78’000 Follower.

Mittlerweile ist klar: Die Rentenreform ist gescheitert, und es stellt sich die Frage, inwieweit Berset diese Niederlage mitzuverantworten hat. Felix Schneuwly, Kommunikationschef des Vergleichsdienstes Comparis, bezeichnete Bersets «Ehrgeiz und Übereifer» bereits am Samstag als womöglich kontraproduktiv. Hat der Innenminister unschlüssige Stimmende namentlich aus der politischen Mitte «vertäubt», weil die Vorlage so eng mit seinem Namen und damit auch seiner Partei, der SP, verknüpft war? (…)

FDP-Nationalrat Beat Walti sagt dazu: «Sobald der Eindruck entsteht, dass es sich nicht mehr primär um eine Vorlage der Gesamtregierung, sondern eines einzelnen Bundesrats handelt, wird der Abstimmungskampf zum Kantengang.» In einem solchen Fall werde ein Bundesrat mehr als Vertreter einer Partei wahrgenommen denn als Mitglied einer Kollegialbehörde, die dank ihrer institutionellen Autorität in der Bevölkerung hohes Ansehen geniesse.

Just dies könnte Berset zum Verhängnis geworden sein. Dies umso mehr, als der SP-Bundesrat mit gewissen Aussagen sich selber und damit der Rentenform geschadet hat, wie SVP-Nationalrat Sebastian Frehner sagt. Frehner spielt unter anderem darauf an, dass Berset die Jungen eindringlich vor einem Nein zur Rentenreform gewarnt hat. «Ich sage den Jungen ganz klar: Wenn ihr Nein stimmt, erhaltet ihr vielleicht keine AHV mehr», sagte Berset im August. Für Frehner ist klar: «Hier hat Berset übermarcht und damit unschlüssige Stimmende womöglich ins gegnerische Lager getrieben.»

  TA