imagepw. Es gibt wenige Pensionskassen, welche sich durch ihren ganz individuellen Charakter auszeichnen und eine in vielen Teilen eigenständige Politik verfolgen. Die Abendrot gehört gewiss dazu. Mit gehörigem Stolz präsentiert sie sich jetzt in einem eigenen Buch. Anlass ist kein runder Geburtstag, wie üblich. Vielmehr dürfte der Stabwechsel an der Spitze ausschlaggebend gewesen sein. Nach 33 Jahren sind ihre Initianten ins zweite Glied getreten, neue Köpfe sollen die Tradition weiterführen.

Das von Ruedi Suter verfasste Buch mit seinen respektablen 220 Seiten zeichnet die Entwicklung der Abendrot vor dem Hintergrund der Zeitgeschichte nach. Die Gründergeneration war noch ganz der 68er Bewegung verpflichtet. Anti-AKW, ziemlich weit Links, dem Selbsthilfegedanken und der Nachhaltigkeit verpflichtet. Mit der eigenen Pensionskasse sollte der Spagat zwischen Finanzmarkt-Kapitalismus und der hochgehaltenen Ideologie gewagt werden. Er ist gelungen, nicht zuletzt, weil insbesondere in der Person von Hansueli Stauffer die Abendrot über einen herausragenden Fachmann für die 2. Säule verfügte, der bei aller Risikofreude stets das Augenmass zu wahren wusste.

Nachhaltigkeit als Trend hat man vorweggenommen, heute schmückt sich damit noch manche Einrichtung. Wo sich die Kasse aber stets vom grossen Rest abhob und es weiterhin tut, ist bei ihren innovativen Immobilienprojekten. Neuestes Beispiel ist der Berliner Holzmarkt als hipper Treffpunkt, der in der deutschen Hauptstadt enormes Aufsehen erregte, hierzulande aber kaum zur Kenntnis genommen wurde. Aufs Geratewohl herausgegriffen weiter etwa das Zürcher Binzareal, der Lagerplatz in Winterthur, die Kleider-Frey Liegenschaft in Basel.

Nicht alles war von Erfolg gekrönt. Eine in jeder Hinsicht innovative Überbauung gleich jenseits der Landesgrenze in Grenzach scheiterte am Amtsschimmel, der hier eher wie ein Schlachtross auftrat.

Das ist mehr als verzeihbar und man wünschte sich dringendst, dass die Pensionskassen, wichtige Player auf dem schweizerischen Immobilienmarkt, sich wenigstens ein kleines Stück vom Geist der Abendrot abschneiden würden. Was man von ihnen sieht ist in aller Regel bloss ein weiteres Ausdehnen des gesichtslosen Immobilienbreis, der unser Land überzieht, Rendite-Liegenschaften, wie man einst zu sagen pflegte und heute noch sagen kann. Architektur, die ausgeht von der geforderten Rendite und beim damit sich zu errechnenden Quadratmeterpreis für den Boden endet.

In diesem Sinne wünschen wir der Abendrot gerne mindestens weitere 33 Jahre Erfolg und die Fortsetzung ihrer bemerkenswerten Tradition.

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