20 Minuten interviewte Robert Sheldon, emeritierter Professor der Uni Basel, zu Fragen der Altersvorsorge. Auszüge.

Herr Sheldon, wie sieht die Zukunft der Rente aus? Wann wird ein heute 18-Jähriger pensioniert?
Wenn ich das genau wüsste, wäre ich wahrscheinlich reich (lacht). Wenn man zurückblickt: Bei der AHV-Einführung war die Lebenserwartung nach der Rente fünf Jahre, heute sind es 20, und in Zukunft werden es noch mehr werden. Da ist es klar, dass man dies nicht mit dem gleichen Geld finanzieren kann. Es wird darauf hinauslaufen, dass die Jungen länger arbeiten oder mehr von ihrem Lohn einzahlen müssen. Ein Rentenalter 67 halte ich aber für wenig problematisch, zumal immer mehr Jobs in der Schweiz geistige und nicht körperliche Arbeit beinhalten. Ich bin beispielsweise 69 und arbeite nach meiner Pensionierung ohne Probleme weiter und habe Spass daran. Untersuchungen zeigen, dass sich dies verallgemeinern lässt: Personen mit hohem Bildungsstand haben eine höhere Bereitschaft, auch nach 65 noch zu arbeiten, auch weil die geistige Arbeit eher eine persönliche Erfüllung bietet.

Macht da ein unterschiedliches Rentenalter für Akademiker und Büezer Sinn?
Ja, auch aus Gründen der Fairness kann man sagen: Büezer sollten früher in Rente als Akademiker gehen können, denn Akademiker treten oft erst mit 25 Jahren in den Arbeitsmarkt ein und zahlen erst dann entsprechend hohe AHV-Beiträge. Gleichzeitig zahlt ihnen der Staat den Grossteil der Ausbildung. Jemand, der in einem handwerklichen Beruf arbeitet, fängt mit 15 eine Lehre an, arbeitet also 10 Jahre länger. Eine Möglichkeit wäre, statt eines Rentenalters eine fixe Anzahl Jahre im Arbeitsmarkt zu definieren, etwa 45. Ein Akademiker würde dann mit 70 Jahren pensioniert, ein Bauarbeiter mit 60. Das würde nicht nur stärker der Eignung der Menschen entsprechen, es wäre auch fairer. Ich bin sicher: Eine solche Altersreform hätte Chancen beim Volk.

Oft hören wir von Lesern: «Eine Erhöhung des Rentenalters liegt nicht drin, solange Firmen keine Leute über 50 einstellen.» Wie sehen Sie das?
Erst einmal stimmt das so nicht. Die Universität Zürich hat Stelleninserate seit den 50er-Jahren untersucht, und es stehen heute weit weniger Altersangaben in den Inseraten als damals, es wird also weniger nach Alter angestellt, zumindest offiziell. Auch in der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung sieht man, dass die Firmen erst ab 60 weniger in Weiterbildung investieren, wenn es sich wirklich nicht mehr lohnt. Mitarbeiter mit 50 oder 55 werden etwa gleich stark weitergebildet wie ihre jüngeren Kollegen.

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