In der Berner Zeitung relativiert Peter Zanella von Willis Towers Watson die Umverteilungsprobleme in der 2. Säule und warnt vor den Konsequenzen der AV2020 für die Pensionskassen. Fabian Schäfer schreibt:
Mit diesem Argument [Umverteilung] wollen die Befürworter die Jungen zu einem Ja bewegen. Dabei führen sie fast immer dieselbe Zahl ins Feld: 1,3 Milliarden Franken pro Jahr. So gross sei diese Umverteilung heute. Auch Bundesrat Alain Berset (SP) nennt diese Zahl gern, so etwa im Interview mit dieser Zeitung: «Wenn der Umwandlungssatz nicht sinkt, geht die systemwidrige Umverteilung weiter. Das kostet die Jungen jährlich 1,3 Milliarden Franken, Tendenz steigend.»
Die Zahl stammt aus einer Studie von 2015, die das Beratungsunternehmen Willis Towers Watson für den Bund verfasst hat. Die Autoren erstellten anhand von 27 grossen Pensionskassen eine Hochrechnung, die damals ebendiese 1,3 Milliarden ergab.
Doch nun widerspricht ausgerechnet einer der Studienautoren der Argumentation der Befürworter. Peter Zanella, Pensionskassenexperte bei Willis Towers Watson, sagt zweierlei: Erstens sei diese Zahl nicht mehr aktuell. Zweitens könnten die Pensionskassen den grössten Teil dieser Umverteilung schon heute – auch ohne Reform – verhindern.
Laut Zanella lässt sich nur ein kleiner Teil der Umverteilung wirklich nicht vermeiden. Dies sagte er kürzlich gegenüber der NZZ, die diesen Betrag ihrerseits auf 100 bis 200 Millionen Franken im Jahr schätzte. Zanella hält dies ohne detaillierte Nachrechnung für plausibel. Demnach entlastete die Reform die Jüngeren statt um 1,3 nur um 0,1 bis 0,2 Milliarden Franken.
Das Fazit des Experten: «Natürlich müsste der Umwandlungssatz gesenkt werden, aber das ist nicht annähernd so dringlich, dass wir deswegen diese Monsterreform annehmen sollten.» Zanella stört nicht einmal so sehr die Erhöhung der AHV um monatlich 70 Franken für Neurentner. Vielmehr warnt er vor einem Regulierungs- und Bürokratieschub in der zweiten Säule.
«Die Reform ist für Pensionskassen extrem komplex und wird viele Milizstiftungsräte überfordern. Sie bringt viel Juristenfutter.» Als Beispiel nennt er die 20-jährige Übergangsfrist mit doppelter Schattenrechnung. «Das alles ist vor allem für uns Experten gut, wir werden viel Geld verdienen.» Das Vertrauen werde leiden, warnt Zanella: «Die zweite Säule wird noch komplizierter. Die Transparenz wird leiden und damit auch das Image.»