imageNationalrätin Karin Keller-Sutter hat der Gewerbezeitung ein Interview zur Altersvorsorge 2020 gegeben. Sie erläutert Ihre ablehnende Haltung. Auszüge:

Sie lehnen die vorliegende Reform der Altersvorsorge ab. Was stört Sie an der Vorlage am meisten?
Mit der Reform wollte man das Leistungsniveau in der 1. und 2. Säule erhalten und beide Säulen auf eine stabile finanzielle Grundlage stellen. Beide Ziele wurden verfehlt. Das Ergebnis ist ein Leistungsausbau in der AHV, der die Finanzlage der AHV massiv verschlechtert. Um die AHV ausgeglichen zu finanzieren, fehlen bereits 2030 erneut 0,82 Prozent Mehrwertsteuer oder 0,62 Prozent Lohnbeiträge. Nach 2030 steigt der Finanzbedarf so stark, dass nicht einmal mehr das Rentenalter 67 das AHV-Loch von rund sieben Milliarden Franken decken könnte. Die Reform verletzt die Generationengerechtigkeit und schafft eine Zwei-Klassen-AHV.

70 Franken mehr AHV für Neurentner – klingt nicht nach sehr viel. Lohnt es sich wirklich, dagegen anzukämpfen?
Ja, denn dieser Zuschlag von 70 Franken pro Monat schafft nicht nur eine Zwei-Klassen-AHV – bisherige Rentner bekommen ja nichts. Aufgrund der geburtenstarken Jahrgänge, die bald in Rente gehen, verschlechtert sich mit dem Zuschlag die Finanzsituation der AHV bereits ab 2027. Dieser Rentenzuschlag mit der Giesskanne ist zudem nicht nötig, denn die Generation zwischen 45 und 65 Jahren, die von der Absenkung des Umwandlungssatzes betroffen ist, wird vollständig kompensiert. Ihnen wird während 20 Jahren der Besitzstand garantiert. Vollständig ausgeblendet wird zudem, dass der Rentenzuschlag für Neurentner auch Konsequenzen für die Bundeskasse hat, da der Bund einen Fünftel der AHV finanziert. Der Steuerzahler wird also auch hier zur Kasse gebeten.

Ist die nun beschlossene Reform für das Gewerbe nicht günstiger als das Konzept des Nationalrats?
Nein, ist sie nicht. Die Variante Nationalrat wies ca. 500 Millionen weniger Lohnnebenkosten auf und kam ohne Lohnprozente aus. Es geht jetzt aber nicht mehr um Vergleiche, da wir nur über ein Modell abstimmen, und dieses beinhaltet nicht nur eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,6 Prozent, sondern auch eine Erhöhung der Lohnprozente um 0,3 Prozent. Aus politischen Gründen haben SP und CVP die Mehrwertsteuererhöhung auf 0,6 Prozent abgesenkt. Dies führt aber dazu, dass die Lösung unterfinanziert ist. Das ist wie wenn man im Restaurant fünf Gänge bestellt, aber nur drei bezahlt. Der Rentenzuschlag wird deshalb bald über weitere Steuererhöhungen oder Lohnprozente finanziert werden müssen. Als Gewerblertochter weiss ich, dass die Gewerbler rechnen können. Die Reform kommt das Gewerbe teuer zu stehen.

  Gewerbezeitung