Während sich in Bern unter der Bundeskuppel die Zier und Blüte unserer Classe Politique versammelt, um die Zukunft der Altersvorsorge zu beraten, brechen am Rheinknie die drei närrischen Tage los, womit wieder einmal klar wird, dass Basel («Schweizer Stadt», siehe Google) nicht wirklich zur Eidgenossenschaft gehört. Und unser Geschäftsführer, gemäss seiner national- resp. lokalkonservativen Gesinnung, hat offenbar keinen Bock, unter diesen Umständen seinen Obliegenheiten pflichtgemäss nachzukommen. Vielmehr hat er mich, den Schorsch,  damit beauftragt, einen Kommentar zum Newsletter zu schreiben, während er sich hemmungslos dem Fasnachtstreiben hingibt.

Das ist nicht ohne, fühle mich zwar gebauchpinselt, wollte aber doch wissen, was denn allenfalls zu schreiben wäre. Altersvorsorge, hiess es kurz und: mache klar, die 70 Stutz sind blöd. Er sagte nicht blöd, er sagte dafür noch allerhand anderes, das ich aber trotz Morgestraich hier nicht wiedergeben kann. Es handelt sich schliesslich um einen jugendfreien Kommentar.

Natürlich ist schon klar wieso «blöd». Schliesslich ist er bereits unheilbar AHV-positiv, was heisst, das versprochene Altersmanna geht schlicht und ergreifend an ihm vorbei. Das macht keine Freude. Als bekennender Konservativer (ich will jetzt nicht sagen Putinversteher) schlägt hier der Eigennutz sogar seine ideologische Gradlinigkeit. Aber es ist natürlich schon scharf, wenn ausgerechnet die Partei, deren Werbeslogan lautet «für alle, statt für wenige», uns diese massiv diskriminierende Mogelpackung aufschwatzen will.

Wie der Presse zu entnehmen ist, hängt jetzt bei der Altersvorsorge alles von den Bauern ab. Die haben bekanntlich an der 2. Säule so wenig Freude wie die Jungsozialisten und schielen deshalb mit beiden Augen auf die subventionierte AHV. Subventionen sind schliesslich ihr Kerngeschäft. Da kennen sie sich aus. Und die Emmentaler Grossbauern könnten deshalb mit den Genossen gemeinsame Sache machen, oder wie der Gallier zu sagen pflegt: Les extrêmes se couchent.

Da wäre natürlich auch der Berset voll dabei, der von der 2. Säule auch nicht viel hält. Jedenfalls ist er fast zu Tode erschrocken, als er feststellen musste, dass ihm der Arbeitgeberverband die zentrale Idee seiner Botschaft geklaut hat und auch den Koordinationsabzug streichen will. Das geht natürlich gar nicht. Wie es einem linken Magistraten geziemt, hat er umgehend das Gegenteil behauptet und will von der Streichung fortan nichts mehr wissen.

Und seine Mannschaft resp. Frauschaft (Achtung Gender!) im Bundesamt, ist ihm stramm und ohne zu murren gefolgt. Ausgerüstet mit dem gleichen Parteibüchlein wollte sich da niemand als RechtsabweichlerIn outen. Allen voran Obmann Brechbühl, der nicht nur für die 70 Franken weibelt, sondern für den Ständerat auch eine 40 Prozent Konkurrenzlösung zur KA-Streichung entwickelt hat. Nur ist nicht ganz klar, ob das nun als Alternative gedacht war oder doch eher als Sterbehilfe für die 2. Säule.

Auch ein St.Galler Ständerat hat diesbezüglich sein Glaubensbekenntnis subito umgeschrieben. Auch er findet die Streichung jetzt ganz plötzlich nicht mehr gut. Vor so viel Flexibilität kann ein neoliberaler Arbeitgeber nur den Hut ziehen, nota bene nachdem sein Verband ebenso abrupt die Flanken gewechselt hat, nur eben in die entgegengesetzte Richtung.

Womit sich nicht nur dem (gut)gläubigen Katholiken die Frage stellt, wie die CVP aus dem selbst angerichteten Schlammassel herauskommt. Im Lotterbett zusammen mit der protestantischen Bauernsame, den urbanen BoBos und den Linksaussensozialisten wird da kaum der neue Messias gezeugt. Vielleicht schwallert da noch ein Restposten parteipolitischer Pietät, aber wenn die Welschen und die Frauenverbände und die Gewerkschaften etc. schon jetzt die Messer für das Referendum wetzen, bevor auch nur die Schlussabstimmung durch ist, stehen womöglich die Vertreter des eingemitteten Christentums als Heilige der letzten Tage am Schluss allein und ziemlich albern da. Oder wie es treffend heisst: wer den Schaden hat, spottet jeder Beschreibung.

Wieso SP-Frauen gegen alles sind, was nach Reform aussieht, ist mittlerweile auch klar. Ich sage nur Trump. Mit Trump geht natürlich Rentenalter 65 gar nicht. Das muss man einfach sehen. Und wenn dann noch ein Rosakäppli (Pussyhat, dt. «Muschimütze» sic! – bitte sehr, nicht meine Erfindung!) als neuste Errungenschaft des globalen Feminismus aufs Haupt gedrückt wird, braucht man auch nicht länger zu argumentieren. Das stoppt nämlich jegliche Gehirnaktivität.

Zum Glück haben wir da die Fachpresse. Zum Beispiel das grüne Heftli, das monatlich in unser Büro flattert. Das mit den knallharten Recherchen, den investigativen Reportagen, den luziden Kommentaren. Wenigstens dort nehmen sie eindeutig Stellung. Oder, aehm, verwechseln wir da vielleicht etwas?

Bestätigen können wir hingegen die Definition der Ratslinken für den Begriff «Kompromiss». Das ist nämlich genauso wie zuhause. Also ich bin für Ferien in den Bergen, die bessere Hälfte will ans Meer. Wie lautet der Kompromiss? Richtig. Man geht ans Meer! Das nennt man dann «ausgewogen».

Und was meint unsereiner dazu, also das Volk, das wir sind? Ausgerechnet der Blick, immer voll auf SP-Linie, musste die bittere Botschaft überbringen: Das Volk hält nichts vom 70 Franken-Zauber. Was die Parteistrategen nicht davon abhält, genau zu wissen, was denn nun mehrheitsfähig ist und was nicht. Also mehrheitsfähig gemäss ihrer Sichtweise ist exakt das, was sie selber wollen. Dafür werden – hokus pokus fidibus – auch schon einmal 31 Prozent zur Mehrheit. So etwas lernt man bei Lenin; dem reichten dafür schon 5 Prozent.

Ihr Schorsch Gaggo. E-Mail

PS.
1) Angesichts der grenzwertigen Formulierungen werden die für Kommentare geltenden Grundsätze in Erinnerungen gerufen: Reklamationen und Drohbriefe an die Geschäftsleitung, Geldspenden und unsittliche Angebote direkt an den Verfasser.
2) Bitte nicht auf den Pianisten schiessen. Er ist unbewaffnet.
3) Host mi, Fröschl?

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