Die Basler Zeitung berichtet über Manöver bei der Einigungskonferenz, bei denen der Versicherungsverband heftig an den Strippen zog und der rot/schwarze Block plötzlich ein Einsehen mit den Bedürfnissen der Assekuranz zeigte, um dessen Unterstützung für die Reform zu erhalten und anscheinend zu allerhand Tricksereien bereit war. Allerdings erfolglos. Dominik Feusi schreibt:

Der Bundesrat hatte im Geschäft zwei kleine Paragrafen neu in das Versicherungsaufsichtsgesetz aufgenommen, die den Versicherungskonzernen Sorge bereiteten. Es geht um die Absicherung der beruflichen Vorsorge mit Eigenkapital und Vorschriften für Mantellösungen von Pensionskassen. Während der Ständerat die Bestimmungen durchwinkte, strich sie der Nationalrat. In der zweiten Runde schlug die Mehrheit der nationalrätlichen Kommission letzte Woche vor, in fast allen Punkten dem Ständerat zu folgen, also die zusätzliche Regulierung so ins Gesetz zu schreiben, wie es Bundesrat und Ständerat beschlossen hatten.

Letztes Wochenende soll deshalb Urs Berger, Verwaltungsratspräsident der Mobiliar und Präsident des Schweizerischen Versicherungsverbandes zum Telefon gegriffen und bei Parlamentariern interveniert haben, damit die beiden technischen Paragrafen wieder aus dem Gesetz gestrichen würden. Dabei erwähnte er offenbar nebenbei auch, dass sich die Versicherer die Unterstützung der Vorlage noch einmal überlegen würden, falls die Regulierung in der Vorlage bliebe, wie mehrere Parlamentarier unabhängig voneinander bestätigen.

Der angedrohte Liebesentzug der Versicherungskonzerne verfehlte seine Wirkung nicht. Die dem Verband nahestehende CVP versuchte am Montagabend vergeblich, die Regulierung im Sinne der Versicherungskonzerne wieder zu streichen, obwohl sie ansonsten immer das Modell des Ständerates befürwortete.

Der Antrag scheiterte am Widerstand von FDP, SVP und SP. Letztere war in der Zwickmühle und konnte sich nicht durchringen, gegen die Interessen der Versicherten und für die Interessen der Versicherer zu stimmen. Damit war die Differenz zwischen Ständerat und Nationalrat ausgeräumt. Der Versicherungsverband tobte.

Am Dienstagabend nun versuchte die Mitte-links-Koalition unter der Führung des Luzerner CVP-Ständerates und Vorsitzenden der Einigungskonferenz, Konrad Graber, den Beschluss beider Kammern hinter verschlossenen Türen umzustossen.

Doch die Einigungskonferenz darf nur offene Punkte besprechen, bei denen sich die Räte uneinig sind, nicht solche, bei denen sie sich bereits gefunden haben. Ansonsten ist vorgängig zur Einigungskonferenz je eine Sitzung der Sozialkommission jedes Rates nötig, an der dieses Rückkommen genehmigt werden muss. Von links, plötzlich auf der Seite der Versicherungskonzerne, wurde eingewandt, man solle nun zur Rettung der Vorlage nicht so formalistisch tun, dies obwohl das Reglement in dieser Sache eindeutig und an der Sitzung vorgelesen wurde.

Als der Kommissionssekretär bestätigte, dass dieses Vorgehen nicht korrekt sei, griff die Koalition von CVP, SP und Grünen zu einem Trick. Die CVP beantragte die Streichung der beiden Bestimmungen auf Vorrat. Gestern hätten dann nachträglich die beiden Parlamentskommissionen ihr Einverständnis dazu geben sollen. So ein Manöver, inklusive der Umkehr der Reihenfolge bei einem Wiedererwägen einer bereits erzielten Einigung, hat es gemäss Beteiligten noch nie gegeben.

Wie am Montag im Nationalrat befand sich die SP auch in der Einigungskonferenz im Dilemma. Sollte sie wegen des Deals ihres Bundesrates einem rechtswidrigen Manöver und der Streichung einer Regulierung zustimmen, die den Versicherten zugute käme? Die SP unterstützte schliesslich den Antrag für einen Beschluss auf Vorrat nicht. FDP und SVP lehnten das Manöver aus staatspolitischen Gründen ab. Die CVP unterlag mit ihrem Vorhaben.

Die Auswirkungen des gescheiterten Manövers sind noch nicht klar. Auf alle Fälle wird die Vorlage aus Sicht der Versicherer wesentlich verschlechtert. Ihre Lust, sich mit Geld und Personal im Herbst für die AHV-Revision einzusetzen dürfte schwinden. Damit fehlt Bundesrat Alain Berset, seiner SP und der CVP allerdings ein potenter Partner im Abstimmungskampf. Auch wenn das Geschäft dank Abweichlern aus der SVP heute vielleicht die Hürde von 101 Stimmen im Nationalrat nimmt, droht es im September an der Urne zu scheitern. (Basler Zeitung)

  BaZ