Nach der Ablehnung der USR III-Reform, welche nichts anders als einen Scherbenhaufen hinterlässt, sehen sich die linken Abstimmungsgewinner bestärkt in ihrem populistischen Ansatz für die Reform der Altersvorsorge 2020. Helmut Stalder und Christof Forster haben in der NZZ eine Bestandesaufnahme der aktuellen Gemengelage bei den Parteien vorgenommen. Sie schreiben u.a.

SP und CVP hingegen wollen in der Variante des Ständerates die Ausfälle auch mit einer allgemeinen Erhöhung der AHV-Neurenten um 70 Franken kompensieren. «Für uns ist klar, dass in diesem Kompromiss die Lösung liegt», sagt SP-Generalsekretärin Flavia Wasserfallen. Die SVP müsse sich nach dem USR-III-Nein fragen, ob sie nicht sehr weit weg von ihrer Basis politisiere.

Auch die CVP sieht sich bestärkt durch die Abstimmung. «Das Resultat bei der USR III interpretieren wir als Bestätigung für die Richtigkeit unserer Vorschläge zur AHV», sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister auf Anfrage. Mit dem Vorschlag des Ständerates, den die CVP stark geprägt habe, sei die Rentenreform mehrheitsfähig. Es brauche diese 70 Franken AHV-Renten-Erhöhung, damit die SP dabeibleibe. «Denn im Sozialbereich gewinnt man keine Vorlagen gegen den Widerstand der geschlossenen Linken.» Die Senkung des Umwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge sei der zentrale Punkt. «Dem ordnen wir alles unter», sagte Pfister. Ein Scheitern der Vorlage wäre insbesondere für die Versicherungswirtschaft der GAU, das müsse auch die FDP erkennen. CVP-Generalsekretärin Béatrice Wertli ergänzt, sie sehe in der FDP keineswegs eine erdrückende Mehrheit gegen das Modell Ständerat. In der Westschweiz sei durchaus Bewegung festzustellen.

Angefragte Sozialpolitiker von FDP und SVP sehen noch Spielraum für Kompromisse, aber nicht bei den 70 Franken. Diesbezüglich habe sich die Ausgangslage mit dem USR-III-Nein nicht geändert, sagt FDP-Nationalrätin Regine Sauter. Sie sei nicht überzeugt, dass mit den 70 Franken der Support der Gewerkschaften tatsächlich gesichert sei. Das Kompensationsmodell der nationalrätlichen Kommission enthält laut Sauter mit der Besserstellung von Teilzeiterwerbstätigen in der Vorsorge und von Menschen mit tiefen Einkommen bei der frühzeitigen Pensionierung zwei Angebote an die Linke.

Trotz gegenteiligen Beteuerungen habe die abgelehnte Steuerreform durchaus einen Einfluss auf die Haltung von FDP und SVP, sagt Konrad Graber, CVP-Ständerat und Präsident der Sozialkommission. Er sieht das Resultat als Weckruf für eine ausgegorene Lösung. Dabei schliesst Graber nicht aus, dass es in der Frühlingssession gelingen könnte, einen Kompromiss zu schmieden, hinter dem SP, CVP und FDP stehen. Mehr will er dazu nicht verraten: «Lassen Sie uns einfach arbeiten!»

pw. Die CVP ist sich wohl bewusst, dass ihre Haltung in der jetzigen Situation ausschlaggebend für den Ausgang der Beratung in der Frühjahrssession sein wird. Den kryptischen Aussagen Grabers kommt deshalb besondere Bedeutung zu, wiewohl sie diverse Interpretationen zulassen. Unübersehbar ist, dass in den Beschlüssen des Nationalrats in der Wintersession 16 einiges an Verhandlungsmasse liegt, welche für eine Kompromissfindung eingesetzt werden könnte. Auffallend ist auch, dass beim umstrittenen Ausgleich für die UWS-Senkung stets nur vom 70 Franken-Zuschlag bei der AHV die Rede ist, nicht aber vom 155%-Plafond für die Ehepaar-Renten. Vielleicht liegt hier der Schlüssel für den Kompromiss, den Graber andeutet.

  NZZ