Ende Dezember, Anlass für einen Rückblick. Was kommt Ihnen in den Sinn?

Hoffentlich vor allem solche Dinge wie der wunderbare Frühling, der grossartige Sommer und der lange, schöne Herbst. Dazu persönliche Erfolge, Freude an der Familie – Sie wissen was ich meine.

Verlassen wir den Bereich des Meteorologischen und Privaten und wenden wir uns dem engeren Lebensbereich unseres Themas zu, sind auch ein paar Dissonanzen auszumachen.

Wer sich für die AV2020 eingesetzt hat, musste eine herbe Enttäuschung erleben. Allerdings gibt es für sie auch Trost und Hoffnung. Die Neuauflage dürfte sich eng an die gescheiterte Vorlage anlehnen. Dem 70 Franken-Zustupf wird niemand nachweinen. Ernsthaft wird aber eine Wiederbelebung des Päckli diskutiert. Das schmälert wiederum die Freude der Abstimmungssieger, die allerdings bisher wenig Ehrgeiz an den Tag gelegt haben, den Dampfer in andere Richtung zu lenken.

Trost und Freude in diesem Zusammenhang auch für das BSV, das zur AV2020 einen Verordnungsentwurf in epischer Länge erarbeitet hat, ein echter «Chrampf», wie es scheint. Möglicherweise kann folglich auch dieser bei Gelegenheit wieder aktiviert werden. Nachdem schon die Erstauflage wenig Kritik ausgelöst hat – obwohl ein eigentlicher Regulierungs-Tsunami absehbar gewesen wäre – kann das Amt es wohl riskieren, ihn nochmals, allenfalls mit ein paar Retouchen, zu lancieren.

Wenig Freude hat das BSV mit seiner Vernehmlassung zur «Optimierung» gehabt. Die eingegangenen Stellungnahmen waren für das so Amt eigentlich ein Desaster. Da hiess es etwa, dem BSV «fehle es an Augenmass für das Machbare». Oder es verfüge offenbar «nur über begrenzte Kenntnisse in der praktischen Vorsorgeverwaltung». Dicke Post. Da hat offenbar der Ausflug des Direktors in der Privatwirtschaft doch nicht lange genug gedauert.

Kein Glanzjahr auch für die OAK. Die aktuellste Peinlichkeit bildet der Rückzieher in der Frage verbindlicher Kennzahlen. Die Behörde versucht zu relativieren. Für das Vorhaben hätte sich die Direktaufsicht ausgesprochen, dagegen eine «knappe Mehrheit der beteiligten Vorsorgeeinrichtungen». Eigentlich hätte ja nicht viel gefehlt, wird da suggeriert, und man hätte das Ganze starten können. Wer’s glaubt, wird selig. Und flugs wird eine Neuauflage angekündigt. Man könnte das Vorhaben auch einfach vergessen. Aber nein, das lässt offenbar der Ehrgeiz nicht zu.

Auch mit der geforderten Revision der Fachrichtlinie 4 (technischer Zins) wollte es nicht klappen, trotz Unterstützung des Kammer-Vorstands. Die Experten-Kammer bleibt vorderhand bei ihrem Modell, in der begründeten Annahme, dass die OAK jetzt wohl kaum eine Weisung als Gegenentwurf dazu erlassen wird; schon gar nicht mit den gewünschten Rendite-Prognosen. In Sachen Eingeweide-Schau dürfte man bei der Oberaufsicht auch nicht über grössere Kompetenz verfügen als die PK-Experten.
Und die neue Weisung zur Behebung von Unterdeckung? Allerhand Spott hat sie geerntet. Schlaffe Logik, schlechte Formulierung, eigentlich überflüssig, hiess es aus Expertenkreisen. Man könnte die Leute beinah bedauern.

Ungut wird das Jahr auch Dominique Biedermann in Erinnerung bleiben. Dem mehrfach Präsidenten der Firma, die sich fast schon blasphemisch «Ethos» nennt (den gleichen Namen trägt eine christliche Zeitschrift), wird der gleichen Sünden bezichtigt, gegen die er predigt. Biedermanns missionarischer Einsatz gegen echte und andere Verfehlungen der Wirtschaftsbosse hat ihm in den Medien viel Lob und Bewunderung eingebracht und damit sein Selbstbild möglicherweise etwas verzerrt.
Den beiden Damen, die nun den Bettel hingeworfen haben, ist schlicht der Kragen geplatzt. Wahre Brandstifterinnen im Hause Biedermanns, darf man feststellen. Nachdem die eine die Nase voll hatte, hat die andere zeitgeistig mit MeToo reagiert.

Doch wie heisst es in der PR-Mitteilung, die Ethos auf ihrer Website aufgeschaltet hat: «Die beiden Räte von Ethos bekräftigen ihr vollstes Vertrauen und ihre Unterstützung für den Präsidenten.» Das ist schönstes Copy / Paste aus dem Textbaustein-Arsenal der Beschwichtigungsprofi. Und weil das niemanden wirklich überzeugt, wird ergänzend mit der Justiz gedroht. Was wiederum unsere Skepsis gegen Weltverbesserer jeglicher Couleur verstärkt.

Was bleibt? Mehr oder weniger bleibt alles beim Alten, muss oder darf man feststellen. Es geht uns gut, und hoffen, dass es so bleibe und die Vorsehung uns weiterhin beschützen und davor bewahren möge, plötzlich umdenken zu müssen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen frohe, gesegnete Weihnachten und danke herzlich für Ihr Interesse an unseren Infos mit oder trotz der Kommentare.

Peter Wirth