Jérôme Cosandey von Avenir Suisse analysierte die laufende Reform der Altersvorsorge auf das zugrunde liegende gesellschaftspolitische Modell. Sein Fazit in der Zeitschrift “Schweizer Monat”: es beruht auf einem Weltbild aus den 70er Jahren. Die damit verbundenen Fragen werden zwingend Gegenstand der nächsten Reform sein, welche damit bereits heute zu thematisieren ist. Dazu gehört die  veränderte Rollenverteilung innerhalb der Familien. Cosandey fordert, die Altersvorsorge sollte künftig unabhängig vom Ehestatus und von der geschlechterspezifischen Rollenverteilung gestaltet werden.  Besonders dringend ist zudem die Berücksichtigung neuer Arbeitsformen mit Teil- und Mehrfachbeschäftigungen und häufigeren Stellenwechseln.  Diese haben in den vergangenen Jahren stark zugenommen.

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Damit ist die Frage des Koordinationsabzugs aufgeworfen, der gerade solche Arbeitsverhältnisse benachteiligt. Dazu heisst es bei Avenir Suisse:

Der Koordinationsabzug wurde bei der Einführung des BVG geschaffen, um eine Überversicherung von Mitarbeitern mit kleinen Einkommen zu vermeiden, weil die AHV für sie bereits einen hohen Anteil des Lohns ersetzt. Für Arbeitnehmer mit höheren Einkommen und 100% Anstellungsgrad spielte diese Regelung kaum eine Rolle. Das fiel früher weniger ins Gewicht. Doch heute, wo die Schweiz 1,7 Millionen Teilzeitangestellte zählt (verglichen mit 1,0 Million 1986), rächt sich diese Regelung.

Wer Teilzeit arbeitet, darunter vor allem Frauen, oder ein volles Pensum auf mehrere Arbeitgeber verteilt, spart weniger in der beruflichen Vorsorge. Die finanzielle Sicherheit im Alter wird dadurch tangiert. Darum würde man heute diesen Koordinationsabzug meiden, könnte man das Vorsorgesystem auf der grünen Wiese neu skizzieren. Auch jetzt, im Rahmen der Reform AV2020, setzt sich der Nationalrat dafür ein, diesen Abzug zu streichen – unter anderem, um für die Versicherten die Einkommensausfälle bei einer Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 Prozent auf 6 Prozent wettzumachen.

  Avenir Suisse