image
Quelle: Blog Migros-Bank

Auf zwei gegenüberliegenden Seiten haben Beat Kappeler und Charlotte Jacquemart in der NZZ am Sonntag vom 10.7.16 sich der AHV angenommen. Kappeler hält – wenig überraschend – vom geltenden System wenig und stellt als bessere Lösungen für die Leistungsberechnung jene nordischer Länder und Italiens vor. Bedenkt aber nicht, dass in der Schweiz jede Reform vom Volk genehmigt werden muss, was den Spielraum des Gesetzgebers in solchen Fragen massiv einschränkt. Er schreibt:

Alle Versicherten haben ein Schattenkonto wie in der AHV, wo die Beiträge vermerkt werden. Aber je nach Land werden schon diese Schattenkonten jährlich leicht an das gute oder schlechte Wirtschaftswachstum angepasst. Weil darin die Lohnsumme des Landes enthalten ist, spiegeln die Renten damit die Reallöhne, die Inflation darauf und die Erwerbsbeteiligung, also die Zahl der jungen Beitragszahler. Diese nimmt ja fast überall ab, während die Rentenjahre ansteigen – aber die Formel berücksichtigt dies, ohne neue Steuern und ohne neue Lasten auf den Jungen. So wird das Gleichgewicht präventiv hergestellt, nicht nachher, wie mit der AHV-Fonds-Lösung, und dort erst noch mit untauglichen Mitteln, nämlich dem schwerfälligen Rentenalter und neuen Steuern.

Man darf dem Schuldenberg, den die AHV weiterhin vor sich her wälzen wird, Italien gegenüberstellen. In den Tabellen der EU zu den Staatsschulden stehen zwar die enormen italienischen Beträge, ma Perbacco – weil die Altersrente saniert und sogar überschüssig auf Jahre hinaus ist, tragen diese die Schulden zu einem Fünftel ab. Damit hat Deutschland auf die Länge 50% mehr Schulden aus Staatsbudget und Renten zusammen als Italien! Leider die Schweiz ebenfalls.

Charlotte Jacquemart ihrerseits stellt fest, dass der Bundesrat bei der Festlegung der AHV-Renten den Mischindex nach eigenem Gutdünken interpretiert und die Deflation ausser acht lässt, was nach ihrer Meinung zu überhöhten Renten führt. Sie blendet aus, dass der Index der Konsumentenpreise die Krankenkassen-Prämien nicht erfasst, was die Inflationszahlen massiv verzerrt, was insbesondere für die AHV-Rentner nicht unerheblich ist. Sie schreibt:

Der Bundesrat muss die AHV-Renten alle zwei Jahre an den so- genannten Mischindex anpassen. Dieser besteht zu je 50% aus Inflations- und Lohnentwicklung – und ist angesichts des deflationären Umfelds zum ersten Mal seit 1947 ins Negative gekippt. Für 2015 ergibt sich ein Wert von -0,35%; für 2016 liegt laut Prognosen höchstens eine Null-Landung drinnen. Das federführende Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) kommt bei seinen Berechnungen zum gleichen Schluss (siehe Tabelle). Doch man will sich nicht an den Mischindex halten. Vielmehr heisst es im BSV auf Anfrage: «Wir halten uns an den Grundsatz, dass Renten nicht gesenkt werden dürfen.» (…)

Der Entscheid, sich nicht an die Mischindex-Regel zu halten, ist umso unverständlicher, als der Bundesrat mit seinen Schätzungen zu Inflation und Löhnen seit zehn Jahren danebenliegt. Im Rückblick hätten die AHV-Renten laut Mischindex um zwischen 3 und 17 Fr. tiefer liegen müssen. Albert Steck (Migros Bank) hat berechnet, wie viel Arbeitnehmer und Steuerzahler dadurch hätten einsparen können. «Für die Zeit von 2007 bis und mit 2018 sind es 2620 Mio. Fr.» Ist der Bundesrat mit der Schätzung für 2016 wieder zu optimistisch, müssten die Renten 2017/18 gar noch tiefer angesetzt werden – die Ersparnis für das Vorsorge werk wäre noch grösser.

  Blog Migros-Bank Steck