Die NZZ geht detailliert auf die AHV plus-Initiative des SGB ein und diagnostiziert bei den Unterstützern “fortgeschrittenen Realitätsverlust”. Im Kommentar von Helmut Stalder heisst es:
Als die AHV 1948 eingeführt wurde, lag die Lebenserwartung der Männer im Schnitt bei 66,4 Jahren, die der Frauen bei 71 Jahren. Mittlerweile ist sie bei 80 und 85 Jahren angelangt. Damit dehnte sich die Bezugsdauer der Renten aus. 1948 hatte ein 65-Jähriger 12,4 Rentenjahre vor sich, eine 65-Jährige 14 Jahre. 2035 werden es bei den Männern 21,4 und bei den Frauen 24,4 Ruhestandsjahre sein. Bei der Einführung der AHV kamen noch rund sechs Erwerbstätige für einen Rentner auf. 1980 betrug das Verhältnis vier zu eins, und in wenigen Jahren wird es zwei zu eins betragen.
Aus dem Lot gerät die Altersvorsorge also, weil das System nicht auf das veränderte Verhältnis von Aktiven und Rentnern reagiert. Bisher konnte es über die Jahre nur deshalb einigermassen stabilisiert werden, weil viele Arbeitskräfte zuwanderten, weil die steigende Produktivität höhere Löhne und damit mehr AHV-Einnahmen brachte und weil der Beitragssatz der Arbeitgeber und Arbeitnehmer erhöht wurde. Zudem erhielt die AHV immer wieder zusätzliches Geld aus der Tabaksteuer, den Spielbankenerträgen und der Mehrwertsteuer. Und markant wurde das System durch die Erhöhung des Frauenrentenalters entlastet.
Die Sicherung der Renten für die Zukunft kann nur gelingen, wenn auf der einen Seite die Einnahmen und auf der andern Seite die Höhe und Dauer der Renten in Einklang gebracht werden. So unpopulär es klingt, die Lösung heisst: länger arbeiten, länger Beiträge einzahlen, später in Rente gehen – und geringere Renten in Kauf nehmen.