imageDie Berner Zeitung hat GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy zum Thema AV2020 befragt. Bertschy will die Reform der Altersvorsorge im Sinn der Frauen justieren: Eine ­generelle Erhöhung der AHV lehnt sie ab, verlangt aber eine gezielte Verbesserung für die Frauen. Wichtig ist ihr im Moment aber vor allem die Abschaffung des Koordinationsabzugs. Auszüge:

Die Grünliberalen könnten im Kampf um den Ausbau der AHV um monatlich 70 Franken für ­alle Neurentner den Ausschlag geben. Lehnen Sie diesen Plan von SP und CVP immer noch ab?
Kathrin Bertschy: Ja. Man muss sich einfach vor Augen halten, weshalb wir diese Reform durchführen. Der demografische Wandel mit den geburtenstarken Jahrgängen, die ins Rentenalter kommen, sowie die erfreulich ­hohe Lebenserwartung stellen die Altersvorsorge vor enorme Herausforderungen.

In 15 Jahren fehlen uns jährlich 10 Milliarden Franken in der AHV. Die Reformvorlage ist dringend notwendig. Vor diesem Hintergrund ist es nicht verantwortungsvoll, die Probleme weiter zu verschärfen, indem man eine Rentenerhöhung für alle Neurentner beschliesst – und dies erst noch mit der Giesskanne. Eine allgemei­ne AHV-Erhöhung wäre erst in 15 Jahren zu rechtfertigen.

Einen gezielten Ausbau würden Sie unterstützen?
Ja, wenn er richtig gemacht wird. Dabei denke ich vor allem an die älteren Frauen. Man darf nicht vergessen, dass viele von ihnen doppelt benachteiligt sind. Erstens haben sie während ihres Erwerbslebens nicht den gleichen Lohn für die gleiche Arbeit erhalten. Zweitens sind sie von einem gravierenden Systemfehler in der 2. Säule betroffen . . .

. . . das müssen Sie erklären.
Der heutige Koordinationsabzug in der 2. Säule bewirkt, dass tiefe Einkommen und Teilzeitjobs sehr schlecht versichert sind. Das trifft in erster Linie Frauen, da sie überdurchschnittlich oft solche Stellen haben. Darum sind Frauen im Alter ­häufiger arm, dies völlig unverschuldet. Und nun sollen sie mit der Erhöhung des Rentenalters auf 65 auch noch einen grossen Beitrag an die Renten­reform leisten. Deshalb verlange ich eine gezielte Kompensation zugunsten der Frauen. Die fehlt bisher völlig.

Fordern Sie, dass nur die Frauen 70 Franken mehr AHV erhalten?
Vernünftiger fände ich, den Ausbau der AHV auf die ­Minimal­renten zu fokussieren und diese stärker zu erhöhen. Es sind vor ­allem alleinstehende Frauen, die Minimalrenten beziehen. Eine andere Möglichkeit ist, die Renten der Frauen um das Ausmass der Lohndiskriminierung nach oben zu korrigieren. All dies hilft aber nur den Rentnerinnen. Zugunsten der jüngeren Frauen müssen wir mit dieser Reform unbedingt den Systemfehler in der 2. Säule beheben. Sonst geht das immer so weiter.

Der Ständerat sieht ja solche Verbesserungen vor.
Ja, aber die sind viel zu zaghaft. Personen mit tiefen Löhnen und Teilpensen – in erster Linie also Frauen – werden auch so weiterhin diskriminiert. Das Einfachste wäre, den Koordinationsabzug abzuschaffen und die gesamten Löhne zu versichern.

  BZ