Der Nationalrat hat als Zweitrat den revidierten Vorsorgeausgleich (Aufteilung der Vorsorgeguthaben bei Scheidung) behandelt und ist dabei weitgehend BR und dem Ständerat gefolgt. Daniel Vischer  als Kommissionssprecher umriss die Problemlage: “Die Vorlage betrifft sowohl materiell das Sozialversicherungsrecht wie auch das Zivilrecht. Der Vorsorgeausgleich wurde mit dem neuen Scheidungsrecht, das 2000 in Kraft trat, neu geregelt. Inzwischen ergaben sich verschiedene praktische Probleme. Sie wurden namentlich von Gerichten, aber auch von den Versicherungsträgern moniert. Es lagen auch verschiedene Vorstösse vor, die den Bundesrat zur Anpassung aufforderten. Der Bundesrat formulierte Neuregelungen. Dabei geht es nicht um eine Neuausrichtung des Vorsorgeausgleichs, sondern es geht in erster Linie um eine Anpassung.

Das grösste zu regelnde Problem stellt sich bei dieser Vorlage bezüglich der geschiedenen Witwen. Falls einer der beiden Ehegatten invalid oder in Rente ist, gibt es keine Teilung der Vorsorgeguthaben, vielmehr ist eine angemessene Entschädigung nach bisherigem Recht geschuldet. Oft hat der entschädigungspflichtige Ehegatte indessen zu wenig flüssige Mittel, um dem ausgleichsberechtigten Ehegatten die angemessene Entschädigung in Kapitalform überweisen zu können. Daher wird der Ausgleich oft in Rentenform vorgenommen. Wenn hingegen der entschädigungspflichtige Ehegatte stirbt, verliert der ausgleichsberechtigte Ehegatte die Rente. Zwar richten die Vorsorgeeinrichtungen in solchen Fällen der geschiedenen Witwe oder allenfalls dem Witwer eine Hinterlassenenrente aus, diese deckt aber häufig nur das Minimum ab, wodurch die betroffenen Witwen in einer sehr schwierigen Situation sind.

Deshalb wurde ein Vorschlag erarbeitet, der das Prinzip der hälftigen Teilung beibehält und gleichzeitig das Problem der geschiedenen Witwen löst. Der vorliegende Entwurf wird dem Problem gerecht, indem die Teilung auch dann vorgenommen wird, wenn ein Vorsorgefall eingetreten ist. Dem ausgleichsberechtigten Ehegatten wird die Rente direkt von der Pensionskasse lebenslang ausgerichtet; es spielt dabei keine Rolle, ob der geschiedene Ehegatte vorher stirbt. Diese Regelung wurde vom Ständerat und von Ihrer vorberatenden Kommission eingehend geprüft. Es wurden auch Varianten zur Diskussion gestellt; die Kommission blieb indessen mehrheitlich bei der vorgeschlagenen Fassung.

Kritik kam von SVP-Seite. Yves Nidgger führte aus: On parle donc de gens aux revenus modestes, voire très modestes. Que leur propose-t-on comme solution? Une solution qui est bien pire que le mal, le mal étant admis: le fait de ne pas pouvoir bénéficier d’un partage de la prévoyance de son conjoint est un inconvénient pour le conjoint moins bien loti. Mais la solution proposée dans ce projet, qui vise à l’égalité dans la pauvreté – puisqu’il est d’inspiration socialiste, c’est assez logique -, est de couper la rente en deux lorsque le capital n’est plus divisible en deux. J’ai en vain demandé en commission, lors du débat d’entrée en matière, que l’on veuille bien fournir une statistique du nombre de cas qui seraient des cas sociaux si l’on coupait en deux les avoirs du deuxième pilier, en laissant ensuite les gens survivre avec une rente du premier pilier, soit une rente AVS, et une demi-rente du deuxième pilier, et, subsidiairement, du nombre d’assistants sociaux nouveaux qui devraient être engagés pour faire face à cet afflux de nouveaux cas sociaux que l’on créerait, à force de rechercher l’égalité par l’appauvrissement de tous. Ma demande n’a pas eu de succès et la majorité de la commission est entrée en matière, raison pour laquelle je vous prie à présent de ne pas entrer en matière sur ce mauvais projet, qui a le second inconvénient d’être totalement inéquitable.

Auch in der weiteren Diskussion (Eintreten wurde beschlossen) wurde darauf hingewiesen (Pirmin Schwander) dass zu den finanziellen Auswirkungen keinerlei Daten vorliegen. Man kennt nicht die Zahl der Fälle und nicht die finanziellen Rahmenbedingungen. Und damit auch nicht die Folgen für die Pensionskassen. Luzi Stamm  betonte: “Wir haben die verheerende Tendenz, dass wir mit fast jeder Vorlage die Praxis der Gerichte verkomplizieren und bürokratische Lösungen vorschlagen, die komplizierter sind als die bisherigen und zu mehr Aufwand führen.” Nidegger warnte, dass das vorgeschlagene System bloss die Zahl der Sozialhilfeempfänger vergrössere.

Komplikationen können sich zudem dadurch ergeben, dass Scheidungen im Ausland erfolgen, aber Vorsorgeansprüche in der Schweiz bestehen. Soll über diese lediglich in der Schweiz entschieden werden, hätte dies als Konsequenz ein zweites Verfahren zur Folge.

Gar nicht diskutiert wurden die administrativen und finanziellen Folgen für die Pensionskassen, was offenbar nebensächlich ist. In der Gesamtabstimmung stimmte der Rat mit 127 gegen 57 Stimmen zu.

  Ratsprotokoll / NZZ / Botschaft BR / Curia Vista