pw. Das gewerkschaftliche PK-Netz hat für seine traditionelle Herbst-Tagung allerhand Prominenz aufgeboten. Zum Thema “Altersvorsorge 2020” traten aus dem Ständerat Paul Rechsteiner und Urs Schwaller an, Colette Nova vertrat das BSV und die Sozialpartner waren mit Doris Bianchi (SGB) und Martin Kaiser (Arbeitgeber) präsent.
Schwaller machte ein weiteres Mal klar, wie wichtig die Reform sei, liess aber auch durchblicken, dass die vom Ständerat jetzt an den Nationalrat weitergereichte Version mehr als nur eine Schwachstelle aufweist. Man habe ein Zweikammer-System, jetzt müsse sich der Nationalrat bzw. seine Kommission von Grund auf mit der Materie und den Beschlüssen des Ständerats befassen und wo nötig Aenderungen anbringen. Da sprach wohl die Hoffnung, die teilweise sträflich nachlässige Legiferierung des Ständerats werde noch korrigiert. Natürlich hat die Zeit auch eine Rolle gespielt. Die SGK hatte den Ehrgeiz, das Geschäft noch in der laufenden Legislatur ins Parlament zu bringen. Was einige Kommissionsmitgliedern möglicherweise überforderte. Schwaller liess solches jedenfalls durchblicken.
Dass die Reform des Ständerats weit hinter den tatsächlichen Bedürfnissen hinterherhinkt, ist ihm wohl ebenfalls nicht entgangen. Seine Begründung lautet, dass man die Realitäten berücksichtigen müsse, nachdem seit bald 20 Jahren keine Reform in der Sozialpolitik mehr geglückt sei. “Rechts / links” habe nie eine Rolle gespielt, betonte Schwaller, die Sache sei im Vordergrund gestanden. Das Abstimmungsergebnis in der Kommission spricht allerdings eine andere Sprache.
Aufschlussreich seine Ausführungen zum AHV-Zuschlag. “Es braucht irgendwo eine Verbesserung”, sei die Meinung in der Kommission gewesen. Man habe sie nicht in der zweiten, sondern in der ersten Säule gesucht. Also keine (Teil-) Kompensation für den tieferen Umwandlungssatz, sondern klar ein Leistungsausbau. Allerdings ein etwas windschiefer, weil er nur den Neurentnern zugute kommt und damit eine “Zweiklassen-AHV” schafft, wie vom Arbeitgeberverband kritisiert.
Die abschliessenden Auftritte von Bianchi und Kaiser zeigten dann nochmals deutlich, wie unterschiedlich die Perspektiven auf das selbe Thema sind. Doris Bianchi bezeichnete die Anhebung des Referenzalters für Frauen auf 65 Jahre als “happiger Schritt”. Betroffen seien Frauen, die heute 59 seien und damit schon voll in der Planung ihrer Pensionierung. Kein anderes europäisches Land habe eine Rentenaltererhöhung zudem in so kurzer Frist durchgeführt. Wenig sagte sie zur Anpassung des Umwandlungssatzes, ausser dass sie bezweifle, dass die Kompensation wirklich vollständig ausfallen würde und natürlich, dass davon die Versicherer profitieren. Primär betonte sie jedoch die schwierige Lage und die Belastung der Frauen, welche berücksichtigt würden müssen. Man habe die Beiträge für die 2. Säule auf breiter Front deutlich heraufgesetzt, um die Leistungen zu stabilisieren. Die geplante Erhöhung bei der AHV falle deutlich geringer aus.
Martin Kaiser sah dann die Sache weniger aus Sicht der Versicherten als der gesamtwirtschaftlichen Grosswetterlage. Der Arbeitgeberverband trete für eine Revision mit weitgehenden Kompensationen mit dem Ziel des Leistungserhalts ein. Das sei angesichts steigender Lebenswartung und rekordtiefer Renditen sowie unsicherer konjunktureller Aussichten schon sehr viel. Ein Leistungsausbau liege da nicht drin. Die AHV gehe massiven Defiziten entgegen. Akzeptiert würden das Rentenalter 65/65, der Umwandlungssatz von 6% und 0,6% MWSt-Erhöhung. Kaiser unterstrich die Forderung nach einer Stabilisierungsregel für die AHV mit Rentenalter-Komponente. Aber – so tröstete er die Genossen alsogleich – vor 2030 werde da nichts geschehen.
Zum Schluss wiederholte dann Bianchi ihre Bemerkungen zu den Sorgen und Nöten der Versicherten, welche offenbar dringend auf mehr AHV angewiesen sind. Kaiser gab zurück: “wir verschieben die strukturellen Probleme auf die jüngere Generation und tun so, als ob es den Rentnern so schlecht gehe. Die Zahlen sagen etwas anderes. Wenn wir ein Armutsproblem haben, dann bei den Alleinerziehenden. Und die wollen Sie noch weiter belasten. Die grossen Probleme kommen mit der Pflegeversicherung. Und mich würde interessieren, was Sie den Jungen sagen, die das finanzieren müssen.” Die Antwort darauf blieb aus.