Wie stets nach Bekanntgabe des Vorschlags der BVG-Kommission zum Mindestzins für das kommende Jahr liegen der Versicherungsverband und der Gewerkschaftsbund am weitesten auseinander.
Der SVV schreibt in einer Reaktion auf den BVG-Kommissionsentscheid (dem der Bundesrat mit grosser Wahrscheinlichkeit folgen wird): “In ihre Überlegungen hat die Kommission offenbar zu einem erheblichen Teil die gestiegenen Aktienkurse und Immobilienpreise einbezogen, obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Korrektur aufgrund geopolitischer Risiken und verhaltener Wirtschaftsprognosen gestiegen ist. Darum schlagen die Privatversicherer einen Mindestzinssatz von höchstens 1,25 Prozent vor – gleich viel wie im vergangenen Jahr.
Der BVG-Mindestzinssatz ist für die Vorsorgeeinrichtungen eine Garantieverpflichtung. Er muss deshalb so festgelegt werden, dass er für die Vorsorgeeinrichtungen immer erreichbar bleibt. Als Basis kann aus Sicht der Assekuranz nur der «sichere Zinssatz» massgebend sein. Dieser ist in den vergangenen zwölf Monaten nochmals gesunken.”
Der Gewerkschaftsbund seinerseits fordert 2%, wie es in seiner Konsultationsantwort heisst: “Unter Berücksichtigung der aktuellen erfreulichen Renditeentwicklungen im Aktien- und Immobilienmarkt und unter Anwendung der in der BVG-Kommission behandelten „Minderheitsformel“ und den entsprechenden Juni-2014-Werten von 2.03 und Juli-2014-Werten von 1.95 spricht sich der Schweizerische Gewerkschaftsbund für einen BVG-Mindestzinssatz im 2015 in der Höhe von mindestens 2% aus. Die Vorsorgeeinrichtungen konnten in den letzten Anlagemonaten gute Ergebnisse erzielen.
Die für die Vorsorgewelt relevanten Aktienindizes (SMI, SPI und MSCI World) sowie die gemischten Indizes (Pictet BVG) haben in den letzten 12 Monaten markant zugelegt. Auch der Credit Suisse Schweizer Pensionskassen Index, der auf realen Pensionskassendaten basiert, oder der Swisscanto Pensionskassen-Monitor, der auf Umfragedaten über die Vermögensallokation beruht, zeigen im zweiten Quartal 2014 Renditen, die sich im Bereich von 4% bewegen und somit deutlich über dem aktuellen BVG-Mindestzinssatz von 1,75% liegen.”
Der Arbeitgeberverband liegt etwas, aber nicht weit über dem Vorstellungen der Versicherer. In einer Mitteilung des SAV wird festgehalten: “Die BVG-Formel zur Berechnung des Mindestzinssatzes, an der sich auch der SAV orientiert, ergibt aktuell einen Satz von 1,5 Prozent. Die angespannte geopolitische Lage und die konjunkturellen Unsicherheiten – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Finanzmärkte – sowie die bei vielen Pensionskassen nach wie vor zu tiefen Wertschwankungsreserven erlauben für das nächste Jahr keinen höheren Mindestzinssatz. Angesichts der neuesten eindringlichen Warnungen der Schweizerischen Nationalbank und der erneut rekordtiefen Zinsen ist der Kommissionsentscheid schwer verständlich.
Dies insbesondere auch unter Berücksichtigung des Charakters des Mindestzinssatzes: Dieser richtet sich nach denjenigen Kassen, die im Interesse ihrer finanziellen Stabilität nicht darüber hinausgehen können. Bei einer Inflation gegen Null ist eine garantierte Verzinsung von 1,5 Prozent bei finanziell nicht ausreichend risikofähigen Vorsorgeeinrichtungen immer noch vorteilhaft. Jede einzelne der sozialpartnerschaftlich geführten Vorsorgeeinrichtungen kann zudem jederzeit eine höhere Verzinsung beschliessen, sofern es ihre finanzielle Situation erlaubt.”