imageDie SonntagsZeitung hat Prof. Martin Janssen zur Situation der 2. Säule befragt. Janssen, einer ökonomischen Betrachtungsweise verpflichtet, welche offensichtlich weite Kreise nachhaltig irritiert, sieht schwarz für die 2. Säule, falls den Realitäten nicht mehr Rechnung getragen wird. Seine Argumente hat er auch an der Swisscanto-Tagung auf einem Podium dargelegt. Er hat sich damit nicht nur Freunde gemacht. Auszüge aus dem Interview in der SonntagsZeitung.

Läuft die Politik Gefahr, dass das System an die Wand gefahren wird?
Nein, das folgt nicht daraus. Sanierungsmassnahmen sind immer möglich, solange ein Unternehmen Erwerbstätige hat, welche die Rentner finanzieren können. Trotzdem ist die Situation ernst.

Inwiefern?
Erstens werden heute, gemessen am angesparten Kapital, zu hohe Renten ausbezahlt. Das kann man selber nachrechnen: Von 100’000 Franken, die man bis zur Pensionierung angespart hat, werden im Durchschnitt 15’000 Franken für die Finanzierung von Witwen-, Witwer- und Waisenrenten benötigt. Bleiben also noch 85’000 Franken. Verteilt man diese über die verbleibende Lebensdauer von durchschnittlich 22,5 Jahre, macht das pro Jahr 3778 Franken. Kann man das Geld zu 1,5 Prozent pro Jahr anlegen – was viel ist, wenn daraus sichere Renten bezahlt werden sollen -, erhöht sich diese Zahl auf 4500 Franken. Im Obligatorium werden aber 6800 Franken pro Jahr ausbezahlt. Die Renten im Obligatorium sind also, gemessen am angesparten Kapital, 50 Prozent zu hoch. Zweitens darf man nicht vergessen, dass Mitarbeiter, die hohe Sanierungsbeiträge bezahlen müssen, nicht an die Firma gekettet sind.

Was fordern Sie?
Im ersten Schritt braucht es Transparenz. Die Bevölkerung muss endlich erfahren, wie die Realität aussieht. Der Stimmbürger muss wissen, dass die Politik – gut versteckt in vielen Zahlen – mit einer Lebenserwartung rechnet, die fünf Jahre tiefer liegt, als sie tatsächlich ist. Wenn das System nicht zurück zu einem Gleichgewicht geführt wird, das mit dem Kapitalmarkt und der tatsächlichen Lebenserwartung im Einklang steht, wird die 2. Säule mehr und mehr destabilisiert.