asipIn einem Artikel, der dem ASIP schon gestern zugespielt wurde, wirft Saldo den Pensionskassen vor, die Versicherten um ihr Geld zu prellen, weil der Bundesratz trotz hoher Erträge im Jahr 2012 den gesetzlichen Mindestzins nicht erhöhte. Dieser liegt weiterhin bei 1.5%. Der ASIP hat reagiert und die folgende Stellungnahme veröffentlicht:

Mindestzins-Debatte – Unseriöse, fahrlässige Effekthascherei: Protokolle der BVG Kommission werden für politische Schachzüge missbraucht!

Was Saldo bei seiner reisserischen Darstellung unterschlägt:

  1. Die Versicherten werden nicht um ihr Geld geprellt. Die grosse Mehrheit der Pensionskassen sind von Arbeitnehmern und Arbeitgebern geführte Stiftungen, die nicht profitorientiert sind und bei denen alle Erträge den Versicherten zugutekommen – allenfalls aber über mehrere Jahre verteilt.
  2. Es sind die aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern zusammengesetzten Stiftungsräte der Pensionskassen, die eigenverantwortlich und unter Beachtung der gesetzlichen Mindestbestimmungen entscheiden, wie viel den Versicherten auf ihre individuellen Sparguthaben gutgeschrieben wird.
  3. Hohe Erträge in einem Jahr müssen dazu beitragen, tiefere Erträge oder gar Verluste in einem anderen – zum Beispiel 2011 oder 2008 – zu decken. Pensionskassen müssen langfristig planen.
  4. Aufgrund der immer noch steigenden Lebenserwartung bekommt jeder neue Rentner sowieso mehr Geld ausbezahlt, als er während seiner Arbeitszeit einzahlte und an Zinsen erhielt. Diese Differenz muss aus dem Gesamtvermögen der jeweiligen Pensionskasse bezahlt werden. Solange der Umwandlungssatz der gestiegenen und steigenden Lebenserwartung nicht angepasst wird, wird ein erheblicher Teil des Anlageertrages die Finanzierung der laufenden Renten quersubventionieren müssen.
  5. Schliesslich hat der Bundesrat gemäss den gesetzlichen Vorgaben den Mindestzinssatz mindestens alle zwei Jahre zu überprüfen.

Im Detail: Der Mindestzinssatz ist die gesetzlich vorgeschriebene Grösse, mit welchem die angesparten Altersguthaben zu verzinsen sind. Dieser muss mit einer einfachen, nachvollziehbaren und transparenten Methode berechnet werden können. Der BVG-Mindestzinssatz stellt – neben dem für die Berechnung der Rente massgebenden Umwandlungssatz – für die Versicherten eine Leistungsgarantie dar. Für die Festlegung des Satzes ist insbesondere die Kapitalmarktentwicklung massgebend, also die Renditen, die mit dem Alterskapital erwirtschaftet werden. Die kapitalgedeckte Vorsorge ist auf eine wachsende Wirtschaft und insbesondere auf einen funktionierenden Finanzmarkt, auf dem die notwendigen Erträge erwirtschaftet werden können, angewiesen. Sicherzustellen ist schliesslich, dass das Verfassungsziel der „Fortführung der gewohnten Lebenshaltung“, d.h. ein Leistungsziel von rund 60% des letzten Bruttolohnes bei einer vollständigen Beitragskarriere, erreicht wird.

Diese Überlegungen verkennt Saldo in einem heute publizierten Artikel. Es wird reisserisch behauptet, den Versicherten würden durch eine (zu) tiefe Verzinsung Millionen entgehen. Bewusst ausgeblendet werden folgende Tatsachen:

  • Beim BVG Zins handelt es sich um ein Mindesterfordernis. Pensionskassen in einer guten finanziellen Verfassung können die Verzinsung entsprechend ihren Möglichkeiten höher anzusetzen. Die Festlegung des jeweiligen Satzes liegt in der Kompetenz der paritätisch zusammengesetzten Führungsorgane.
  • Die Sozialpartner in den Stiftungsräten sind für die finanzielle Stabilität ihrer Pensionskassen verantwortlich. Entgegen der Behauptung im Artikel ist aber ein Deckungsgrad von 100% nicht ausreichend. Vielmehr verlangt das Gesetz die Bildung einer Wertschwankungsreserve von rund 15-20%. Zur seriösen Führung gehört es deshalb, vor einer höheren Verzinsung oder Verteilung freier Mittel entsprechende (Wertschwankungs-)Reserven zu bilden.
  • Unbestrittenermassen kommt es heute aufgrund der nicht korrekten versicherungstechnischen Rahmenbedingungen (zu hohe Umwandlungssätze) zu Quersubventionierungen von Aktiven zu Rentnern. Diese nicht systemgerechte Solidarität muss durch Vermögenserträge finanziert werden und beeinflusst ebenfalls die Diskussion rund um den Mindestzinssatz.
  • Ein Rückblick zeigt, dass das ursprüngliche Leistungsziel im BVG-Bereich in der Periode von 1985 bis 2012 deutlich übertroffen wurde: Die Verzinsung lag rund 1.5% über der Entwicklung der Nominallöhne. Das Altersguthaben eines heute 51-jährigen Versicherten mit einem BVG-Minimalplan ist seit 1985 rund 15% höher als vorgesehen. Der beschlossenen BVG-Zins von 1.5% bei einer praktisch nicht vorhandenen Teuerung leistet einen weiteren Beitrag dazu.

Bundesrat Berset wünscht sich eine offene Diskussion über die Zukunft der Altersvorsorge. Mit solch tendenziösen, massgebende Faktoren ausblendenden Querschüssen wie dem Artikel von Saldo sind wir aber leider weit von einem konstruktiven Dialog über eine nachhaltige, vertrauenswürdige und verlässliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge entfernt.

  Artikel Saldo