Die Prozessfinanzierung – auch Prozesskostenfinanzierung – ist eine juristische Finanzdienstleistung. Der Prozessfinanzierer übernimmt die notwendigen Kosten einer aussergerichtlichen oder gerichtlichen Verfolgung gewerblicher Ansprüche.  Im Gegenzug überträgt der Kläger dem Prozessfinanzierer einen erheblichen Teil der erstrittenen Summe. In der Regel sind das circa 30 Prozent.Nicolas Egger, CEO von NEAM, erläutert diese brandneue Anlageklasse in einem Interview auf Finews.

Finews: Ist das ethisch und führt dies nicht zu einer Aufblähung der Gerichte?
Das Geschäftsmodell von Litigation Funding schafft mehr Transparenz und reduziert unnötige gebundene Ressourcen. Im Gegensatz zu den durch Rechtsschutz gedeckten Fällen, welche eine Belastung der Gerichte darstellen, hat dies jedoch auf die kommerziellen Prozesse keinerlei Relevanz.

Bei der kommerziellen Prozessfinanzierung wird ein Fall auf Herz und Nieren überprüft, bis er finanziert wird. Man spricht von circa 5 Prozent der geprüften Fälle, die finanziert werden. Man kommt also nicht so schnell in den Genuss einer Finanzierung. Bedenken Sie, dass man der Partei im Recht zum Recht verhilft. Bei Vertragsbruch, Betrug oder Streitigkeiten ist es oft der einzige Weg.

Klingt sehr amerikanisch, gibt es Fälle in der Schweiz?
Aktuelle Beispiele aus der Schweiz sind bspw. Actelion, die Bank Vontobel, und STMicroelectronics, welche hohe Summen zahlen mussten. Die Swiss Re einigte sich kürzlich mit Berkshire Hathaway auf 610 Millionen Dollar. Ferner sind im Moment einige Pensionskassen, unbeachtet von der Öffentlichkeit, in Mediation oder am Ausarbeiten einer aussergerichtlichen Einigungen gegen Banken aktiv.

Sie sagen, Litigation Funding sei eine neue, lukrative Anlageklasse. Wie ist das zu verstehen?
Investitionen in der Prozessfinanzierung bieten eine Rendite wie bei Aktien, sind jedoch nicht korreliert mit Aktien, Immobilien oder anderen Anlageklassen.  In Zeiten des Anlagenotstandes ist dies gerade deshalb von Bedeutung, da die Dividenden hoch und das Kapital geschützt sind.

Beachtenswert ist dabei, dass in Grossbritannien und Australien eine «After-the-Event»-Versicherungsdeckung für Litigation Funding besteht, wodurch das Kapitalrisiko der Prozesskosten ausgeschlossen werden kann.

  Finews