Würden die institutionellen Anleger an den Generalversammlungen mehr Einfluss ausüben, gäbe es weniger Salärexzesse auf Stufe Management und Verwaltungsrat. Von dieser Überlegung gingen – vielleicht nicht zu Unrecht – die Initianten der Volksinitiative «gegen die Abzockerei» aus und schrieben folgenden Satz in ihren Verfassungsartikel: «Pensionskassen stimmen im Interesse ihrer Versicherten ab und legen offen, wie sie gestimmt haben», schreibt Simon Gemperli in der NZZ.

Ob nur Pensionskassen gemeint sind oder auch Sammelstiftungen und Wohlfahrtsfonds, müsste der Gesetzgeber bei einer Annahme der Initiative präzisieren. Klar ist, dass die Macht dieser Vorsorgeeinrichtungen beschränkt ist. Gemäss Pensionskassenstatistik des Bundes wiesen sie im Jahr 2010 Aktiven im Wert von 620 Milliarden Franken auf. Davon waren aber nur 63 Milliarden in Aktien inländischer Unternehmen investiert. Dieser Betrag entspricht etwa 7 Prozent der Marktkapitalisierung des Swiss Performance Indexes (SPI). Alle institutionellen Anleger (Anlagefonds, Versicherungen, die öffentliche Hand usw.) besitzen zusammen über die Hälfte der Unternehmen im SPI. (…)

Den Initianten ist klar, dass eine buchstabengetreue Umsetzung aus praktischen Gründen gar nicht möglich ist. Die Vorschriften müssten differenzieren zwischen grösseren und kleineren Pensionskassen, sagt Claudio Kuster, Sekretär des Initiativkomitees. Er plädiert in diesem Punkt für eine flexible Interpretation des Verfassungstexts. Auf einer wörtlichen Umsetzung bestünde das Initiativkomitee aber bei den Kernanliegen, insbesondere bei der Festlegung der Gehälter der Manager und Verwaltungsräte durch die Generalversammlung. Der Initiativtext bietet einigen Spielraum für (Um-)Deutungen. Die einzelnen Forderungen werden als «Grundsätze» bezeichnet, welche das Gesetz zu präzisieren hätte.

Eine Bestimmung, wonach die Pensionskassen zwingend «im Interesse ihrer Versicherten» abstimmen, hat unter den Pensionskassen für Irritationen gesorgt, weil dieses Interesse kaum eruierbar ist. Die Initiative verpflichte die Stiftungsräte nicht, vor Generalversammlungen Umfragen unter den Versicherten durchzuführen, sagt Claudio Kuster. Dieses Märchen hätten die Gegner in die Welt gesetzt.

  NZZ