Der unveränderte Umwandlungssatz könne im Extremfall zu einem Ausfall der Renten führen, sagt Ulrich Grete in einem Interview mit der Weltwoche. Ein Auszug aus dem Gespräch.

Herr Grete, fast 73 Prozent der Bürger wollen nichts davon wissen, dass der Umwandlungssatz gesenkt wird. Müssen jetzt die Prämien angehoben werden, um die Renten zu sichern?
Grete: Das würde nichts nützen.

Weshalb?
Höhere Prämien am Ende der Ansparphase bedeuten zwar, dass ein höheres Kapital in der Pensionskasse gutgeschrieben ist. Ist der Umwandlungssatz indessen zu hoch, steht nicht mehr Geld für eine längere Auszahlungszeit zur Verfügung. Prämienerhöhungen könnten also das Resultat dieser Abstimmung nicht korrigieren.

Müssen in den nächsten Jahren Renten gesenkt werden?
Nein.

Keine höheren Prämien, keine tieferen Renten: Welche Konsequenzen sind zu erwarten?
In der Zweiten Säule, die laut Gesetz ausschliesslich nach dem Kapitaldeckungsverfahren funktioniert, wird das Umlageverfahren als systemfremdes Element an Bedeutung gewinnen. Das verletzt eine grundlegende Basis der Altersvorsorge, und es ist ein Sündenfall allererster Güte.

Weil die heutigen Pensionäre auf Kosten der Jungen profitieren?
Ja. Das ist zwar heute bereits in einem gewissen Mass der Fall. Aber dieser Trend wird sich verstärken, und zwar wegen der zunehmenden Zahl der Rentner und einer im Durchschnitt längeren Lebenserwartung.

Wie wird es in zwanzig, dreissig Jahren sein?
Es wird immer schlimmer. Die Lebenserwartung steigt weiter. Auch der Anteil der Rentner an der Gesamtbevölkerung steigt. Das alles belastet die Rechnung der Kassen.

Wie merken Prämienzahler, dass ein Teil ihrer Gelder an heutige Rentner geht?
Das merken sie nicht. Aber die Kassen merken es sehr wohl, weil sie zur Finanzierung der laufenden Renten zunehmend Gelder verwenden müssen, die als Sparbeitrag von den Aktiven einbezahlt werden. Darob kann eine Kasse pleitegehen. Und dann merken es natürlich sofort auch die Versicherten.

Weltwoche