In einem Interview mit der NZZ spricht sich der scheidende Präsident des AHV-Ausgleichsfonds, Ulrich Grete, für die Abschaffung der obligatorischen 2. Säule aus. Deren Aufgabe sollte nach seiner Meinung durch die AHV übernommen werden. Die AHV-Mindestrente könnte damit auf 3000 Fr. erhöht und gleichzeitig die jetzt freiwillige berufliche Vorsorge von vielen einschneidenden Vorschriften befreit werden.

Grete argumentiert in der NZZ u.a. wie folgt:

«Das System der obligatorischen Altersvorsorge muss als Ganzes den heutigen und zukünftigen Strukturen entsprechen und sollte dem Ziel genügen, im Alter eine wirklich den Existenzbedarf sichernde Rente zu leisten. Im Bereich der obligatorischen beruflichen Vorsorge kommt es immer häufiger vor, dass die angesparten Kapitalien nicht rentendeckend sind. Gesprochene Renten müssen zum Teil aus den Prämien der Erwerbstätigen bezahlt werden. Verantwortlich dafür sind die politisch definierten Eckwerte – ein zu hoher Umwandlungssatz und ein zu hoher Mindestzins – und der Staat, der seine Beiträge an öffentlichrechtliche Pensionskassen nicht laufend voll bezahlt hat. Zudem gibt es in der beruflichen Vorsorge einen Teil, der wie die AHV obligatorisch ist, und einen überobligatorischen Teil. Ich finde es nicht sinnvoll, gleichzeitig zwei verschiedene obligatorische Vorsorgesysteme zu haben. Die Versicherten zahlen die Betriebskosten doppelt. Das müsste nicht nötig sein.»

«Die Einnahmen der AHV müssten erhöht werden, dafür fielen die BVG-Beiträge für tiefere Einkommen und Einkommensteile bis etwa 45 000 Franken pro Jahr und die Ergänzungsleistungen weg. Heute sind bereits Jahreseinkommen ab 19 000 Franken BVG-pflichtig, obwohl Löhne in dieser Höhe nur zu einer geringen Pensionskassenrente führen. Das ist ein Unsinn.»

«Die berufliche Vorsorge, die nach dem Kapitaldeckungsverfahren finanziert sein sollte, funktioniert heute schon zum Teil auch nach dem Umlageverfahren. Seit mehr als zehn Jahren wird das System der Kapitaldeckung der Renten schleichend korrumpiert. Alle Politiker und alle Verbände wissen genau, dass der Umwandlungssatz von 7,2 Prozent, der jetzt auf 6,8 oder 6,4 Prozent gesenkt werden soll, eigentlich 5,6 Prozent betragen müsste. Aber es fehlt der Mut, dafür einzustehen. In einer freiwilligen beruflichen Vorsorge würden die Stiftungsräte diese Sätze selbst bestimmen. Vor allem die jüngere Belegschaft könnte sich gegen unrealistische Versprechen wehren. Dadurch könnte die berufliche Vorsorge wieder zu einem echten Kapitaldeckungsverfahren zurückkehren.»