In einem Interview mit dem Bieler Tagblatt erläutert Ethos-Chef Dominique Biedermann, weshalb die Ethos gegen die Schaffung von bedingtem Kapital in der Höhe von 7,1% bei der UBS ist und den Antrag an der GV bekämpfen wird.
Bieler Tagblatt Schweiz-BE
«UBS zahlt zu hohe Cheflöhne»
Am nächsten Mittwoch entscheiden die UBS-Aktionäre, ob die Bank zusätzliche Aktien heraus-geben darf, die zur Bezah-lung der Manager dienen. Ethos-Chef Dominique Biedermann erklärt, warum er dagegen opponiert.
Interview: Stefan Schnyder
Sie empfehlen den Pensionskassen, die Kunden der Anlagestiftung Ethos sind, die Schaffung von bedingtem Kapital in der Höhe von 7,1 Prozent an der Generalversammlung der UBS abzulehnen. Warum?
Dominique Biedermann: Eine ausgewogene Lohnpolitik für Manager besteht aus drei Teilen: Fixlohn, Bonus für die erbrachte Leistung und einen Anreiz, dass das Management alles unternimmt, damit das Unternehmen auch in Zukunft profitabel arbeitet. Der letzte Teil, der meist in Form von gesperrten Aktien oder Optionen ausgerichtet wird, ist bei der UBS sehr gross. Und hier muss die UBS gewisse Limiten akzeptieren.
Hat die UBS diese überschritten?
Ja, die UBS hat diese Grenzen klar überschritten. Laut internationalen Standards, wie sie von Anlegerorganisationen entwickelt worden sind, darf ein Unternehmen während zehn Jahren maximal zehn Prozent des Aktienkapitals für solche Anreizprogramme reservieren. Aber die UBS gibt jährlich mehr als zwei Prozent des Aktienkapitals als Optionen aus. Rechnet man die gesperrten Aktien dazu, sind es sogar drei Prozent. Da die UBS die benötigten Aktien nun erstmals mit einer bedingten Kapi-talerhöhung beschaffen will, haben die Aktionäre indirekt die Möglichkeit, über die Lohnpolitik abzustimmen.
Sie stossen sich also an der Tatsache, dass sich das Management einen immer grösseren Anteil am Kuchen des UBS-Gewinns abschneiden will.
Ja, die Schaffung von bedingtem Kapital hat für die Aktionäre eine Verwässerung ihrer Anteile zur Folge. Der Gewinn muss künftig auf sieben Prozent mehr Aktien verteilt werden.
UBS-Präsident Marcel Ospel verdient rund 25 Millionen Franken. Wie viel Lohn wäre denn Ihrer Ansicht nach angemessen?
Entscheidend ist der Vergleich mit anderen Unternehmen: Und da sieht man, dass UBS-Präsident Ospel unter den europäischen Bankpräsidenten oder Konzernchefs weitaus am meisten verdient. Dafür sehen wir keinen Grund. Der Durchschnittslohn für die Präsidenten liegt bei elf Millionen Franken.
Der Vergleich hinkt: Die UBS ist eine der grössten Banken in Europa.
Das trifft zu. Andererseits ist Marcel Ospel nur Präsident und nicht Präsident und Konzernchef in Personalunion, wie dies bei anderen Banken der Fall ist. Ich sehe also keinen Anlass, ihm zwei Mal mehr als den Durchschnittswert der anderen europäischen Banken zu bezahlen. Doch das ist nur eine Betrachtungsweise.
Wie sieht denn die andere Betrachtungsweise aus?
Eine weitere Methode ist der Unterschied zwischen dem tiefsten Lohn und dem höchsten Lohn zu berechnen. Bei der UBS ist dieser Unterschied sehr gross. Unserer Ansicht nach wäre es vernünftig, eine Limite zu fixieren, die besagt, dass der höchste Lohn maximal 100 Mal so hoch sein darf wie der tiefste Lohn. Im Fall der UBS würde dies bedeuten, dass Marcel Ospel maximal fünf Millionen Franken verdienen dürfte. Generell lässt sich also sagen, dass die Cheflöhne bei der UBS zu hoch sind.
Dieser Betrag wäre für Sie also ein angemessener Lohn für Marcel Ospel?
Ja. Denn auch wenn man den Durchschnittslohn der Präsidenten von Unternehmen nimmt, die dem SMI-Index angehören, kommt man ungefähr auf fünf Millionen Franken auf einer vollamtlichen Basis. Und dieser Punkt ist ganz wichtig: So kann nämlich eine Bank ihren Personalchef auch in einer anderen Branche rekrutieren, und ihn so entlöhnen, wie es für diese Funktion üblich ist. Das Reservoir für Kaderangestellte sind nicht nur die Banken, sondern auch andere Unternehmen.
Die Bankmanager begründen ihre hohen Saläre mit dem Lohnniveau der US-amerikanischen Banker.
Bei der Messung der Leistung ist es richtig, dass man die Konkurrenten zum Massstab nimmt. Aber um die Lohnhöhe festzulegen, muss man mit europäischen und lokalen Managern vergleichen. Es gibt kein einziges Beispiel eines Schweizer Bankers, der Präsident einer US-Bank geworden ist.
Sie haben Gespräche mit dem zur Wiederwahl stehenden Verwaltungsrat Rolf A. Meyer geführt, der den Entschädigungsausschuss präsidiert. Hat er Ihnen etwas versprochen?
Zuerst möchte ich festhalten, dass wir sehr gute Kontakte zur UBS pflegen. Uns ist wichtig, dass die UBS-Aktionäre im nächsten Jahr über die Managerlöhne abstimmen können. Herr Meyer hat uns erklärt, dass er einer solchen Abstimmung positiv gegenüber steht. Deshalb empfehlen wir ihn zur Wiederwahl. Uns ist aber bewusst, dass der Verwaltungsrat schlussendlich über eine Traktandierung entscheiden wird.
Befürchten Sie auch, dass bei der UBS die Manager in ein paar Jahren eine Mehrheit erlangen könnten, wenn sie jedes Jahr so viele Aktien erhalten?
Das sehe ich nicht als Gefahr an. Die UBS-Mitarbeiter halten aktuell rund acht Prozent der UBS-Aktien. Man weiss, dass Manager, die ihre Optionen einlösen, ihre Aktien grossmehrheitlich sofort wieder verkaufen.
Die UBS-Generalversammlung wird am nächsten Mittwoch stattfinden. Wie beurteilen Sie Chancen für ein Nein?
Man muss wissen, dass eine Zweidrittel-Mehrheit nötig ist, damit der Antrag des Verwaltungsrats durchkommt. Ausserdem teilen das renommierte US-Institut ISS und der englische Versicherungsverband unsere Haltung. Deshalb bin ich überzeugt, dass wir eine grosse Minderheit der Aktionäre hinter uns haben werden. Wenn schon nur 20 Prozent der Aktionäre gegen diese Kapitalerhöhung stimmen würden, wäre dies ein sehr wichtiges Signal für den Verwaltungsrat.
Ethos
ist eine Stiftung, die im Februar 1997 durch zwei Genfer Pensionkassen gegründet wurde. Dominique Biedermann ist Chef der Anlagestiftung Ethos in Genf. Diese verwaltet Gelder von 75 Pensionskassen und gibt für weitere Kunden Abstimmungsempfehlungen für Generalversammlungen ab. Ethos achtet dabei auf die wirtschaftliche, ökologische und gesellschaftliche Nachhaltigkeit der Investitionen. (bt)