322  17. Oktober 2016       
      
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KOMMENTAR


Catch-22 im Bundeshaus

Der Pulverdampf hat sich gelegt, die Schlachtreihen werden neu geordnet, Geländegewinne und -verluste abgeschätzt, Strategien für das nächste Gefecht entwickelt. - Man entschuldige die kriegerische Metaphorik. Es geht, wie an dieser Stelle nicht anders zu erwarten, um die Altersvorsorge 2020 nach der Debatte im Nationalrat.

Nicht ganz überraschend, stellt sich das Bild ganz anders dar als nach dem Ständerat. Und durchaus positiv zu vermerken: es stehen zwei im Kern unterschiedliche Lösungsansätze zur Debatte. Je nach persönlicher Überzeugung und Veranlagung wird man eher der einen oder anderen Seite zuneigen.

Der Ständerat entschied sich für einen nur teilweisen Ausgleich bei der Senkung des Mindestumwandlungssatzes und schlug dafür die Aufstockung der AHV-Leistungen für Neurentner vor. Davon wollte der Nationalrat, genauer dessen bürgerliche Mehrheit, nichts wissen und gab einem sehr weitgehenden Ausgleich in der beruflichen Vorsorge den Vorzug und kippte den AHV-Zuschlag. Das die interessante Ausgangslage vor der Zweitberatung im Ständerat.

Die Befürworter der Ständeratslösung mit AHV-Ausbau sind nun in eine diffizile Ausgangslage geraten. Umstritten blieb lange die Frage, ob es sich beim ständerätlichen Zuschlag um eine Ausgleichsmassnahme für die UWS-Senkung handelt oder um einen AHV-Ausbau. Im Ständerat schien das noch unklar und die Parteien vertraten unterschiedliche Interpretationen.

Jetzt herrscht plötzlich und für viele wohl unerwünschte Transparenz. Unerwünscht, weil man nun in einer klassischen Catch 22-Falle steckt, sofern man den AHV-Zuschlag bevorzugt. Ist der Zuschlag eine Ausgleichsmassnahme, dann verliert er mit der NR-Lösung (Abschaffung Koordinationsabzug) seine Berechtigung und jedes Klagen darüber erübrigt sich. Ist der Zuschlag hingegen keine Ausgleichsmassnahme sondern ein Leistungsausbau, dann muss zwingend die Beschränkung auf Neurentner wegfallen. Alles andere wäre krasse Benachteiligung der Altrentner und nicht zu rechtfertigen. Dann aber werden die Kostenberechnungen zu Makulatur und das Vorhaben erst recht nicht mehr finanzierbar.

Die SP versucht den Ausweg, den Zuschlag als die billigere Ausgleichsmassnahme zu verkaufen und stützt sich dabei auf ad hoc-Berechnungen aus dem BSV. Abgesehen davon, dass das letzte Wort zu den Kosten der beiden Varianten noch nicht gesprochen ist, tut sich damit gleich das nächste Problem auf.

Die Kritiker der Nationalratslösung müssen nun nämlich begründen, weshalb die mit dem Wegfall des KA verbundene Leistungsverbesserung in der 2. Säule für Teilzeitler und Geringverdienende jetzt plötzlich abgelehnt wird, nachdem man jahrzehntelang dafür gekämpft hat. Zudem und nicht ganz unbedeutend: auch Berset hatte in der bundesrätlichen Botschaft die Abschaffung des Koordinationsabzugs vorgesehen.

Als Argumentations-Strategie scheint man sich dafür entschieden zu haben, die 2. Säule als zu teuer oder gar grundsätzlich in Frage zu stellen, um einen AHV-Ausbau zu rechtfertigen. In der NR-Debatte waren bereits einige heftige Formulierungen zu hören. Hier ein paar Müsterchen: «Die zweite Säule ist ein Fass ohne Boden», «Die 2. Säule ist die Risikosäule geworden» oder «Das BVG ist eine Aufblähmaschine». Im SP-Kommentar zum Nationalrat war von der «maroden und teuren 2. Säule» die Rede.

Ob es die von FDP und GLP entwickelte Lösung bis in die Endausmarchung im kommenden Frühjahr schafft, ist offen. Aber sie gibt der laufenden Revision neuen Drive. Und sie würde, über die Regelung der Ausgleichsmassnahmen hinaus, eine willkommene Vereinfachung des Systems erlauben und mit nur noch zwei Stufen bei den Altersgutschriften die Aussicht, dass in zehn oder spätestens 20 Jahren ein einheitlicher Satz realisiert werden könnte. Zudem hätte man eine Revision, welche den Namen auch verdient. Die UWS-Senkung um 0,8 Prozentpunkte für sich allein genommen ist doch etwas dürftig. Mehr als ein überfälliges und erst noch ungenügendes Drehen an den Schräubchen ist das nicht.

Peter Wirth, E-Mail
 


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