321  3. Oktober 2016       
      
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KOMMENTAR


67 ist das neue 65

Der Ständerat hat sich als Erstrat bei der Behandlung der Altersvorsorge 2020 als bemerkenswert kreativ erwiesen. Der Nationalrat wollte da nicht zurückstehen. Auch er hat mit diversen Überraschungen aufgewartet. Die Rechten haben am Schluss über ihren eigenen Mut gestaunt, die Linken waren entsetzt. Beim Ständerat war es noch umgekehrt. Wie schliesslich der Kompromiss aussehen wird, ist offen.

Überraschung Nummer 1 gleich zu Beginn: Die SVP will das Geschäft in drei Teile aufteilen. Der Antrag hat keine Chance, findet aber Sympathie über die eigenen Reihen hinaus. Denn mittlerweile wird immer deutlicher: so grossartig wie gerne betont, ist das Gesamtpaket mit 1. und 2. Säule auch wieder nicht. Die Hoffnung, das Geben und Nehmen über alle Einzelfragen hinweg werde die Kompromissfindung erleichtern, hat sich zerschlagen. Nicht zuletzt deshalb, weil es sich um eine Sparvorlage handelt und es nichts zu geben gibt.

Überraschung Nummer 2: ebenfalls in letzter Minute präsentieren FDP und GLP für die Ausgleichsmassnahmen zur Umwandlungssatz-Senkung einen «dritten Weg» mit der Abschaffung des Koordinationsabzugs und neuer Staffelung der Altersgutschriften. Damit werden viele Stunden der vorausgegangenen Kommissionsberatung in Frage gestellt und zahllose Papiere zu Makulatur. Und der Antrag findet eine Mehrheit. Dass das zahlreiche Kommissionsmitglieder verbittert, war zu erwarten.

Überraschung Nummer 3: Trotz endloser Warnungen, die Zahl 67 dürfe während der ganzen Beratungen nirgends auch nur gedacht, geschweige denn ausgesprochen oder gar in einem Entscheid auftreten, ergibt sich eine Mehrheit für die vom Ständerat versenkte Stabilisierungsregel plus Rentenalter 67.

Dass unter diesen Umständen der 70 Franken-Zuschlag für AHV-Neurentner wie im Ständerat ausgeheckt, keine Chance haben würde, war dann hingegen keine Überraschung. Dabei waren dessen Erfinder – Egerszegi, Schwaller und Rechsteiner – von ihrer Idee selbst so begeistert, dass sie sie gleichsam zum Garanten der ganzen Revision erklärten, ohne die das Projekt zum Untergang verurteilt sei.

Der FDP-Schnellschuss mit Berechnungen des Arbeitgeberverbands ist mit Fragezeichen zu versehen. Gegen die Abschaffung des Koordinationsabzugs, ursprünglich eine Idee des Bundesrats, hat der Arbeitgeberverband sich mit Verweis auf die Kostenfolgen stets gewehrt und einen beschäftigungsabhängigen KA propagiert. Der Gewerbeverband ist wegen der Kostenfolgen alles andere als begeistert. Auch der Pensionskassenverband meldet Vorbehalte an, sieht aber technisch keine Probleme und betrachtet die Sache als politischen Entscheid. Unklar ist, wie sich die neue Beitragsskala auf die Rentenbildung für die Aktiven auswirkt. Da muss noch gerechnet werden. Und ob es sich wirklich um die günstigste Lösung handelt wie behauptet, ist ebenfalls zu belegen.

Die Stabilisierungsregel für die AHV wurde vom Nationalrat sogleich wieder entschärft, indem das Geschäft ausgegliedert und als Revision der Bundesverfassung getrennt zur Abstimmung gebracht werden soll. Trotzdem hat das Vorhaben bei den Linken Empörung ausgelöst. Die FDP hat dazu ein schlagendes Argument: Wenn die AHV so stabil und sicher ist und die Warnung vor Finanzierungsproblemen bloss bürgerliche Panik- und Angstmacherei, weshalb dann der Aufschrei wegen einer angeblich nicht akzeptablen Defizitbremse? Und zu fragen wäre noch, was denn die Alternativen zur Rentenaltererhöhung als ultima ratio sind.

Das Vorhaben lässt sich aber noch anderweitig relativieren. Wenn dereinst, das heisst in einem Jahrzehnt, das Parlament sich mit der nächsten Revision der Altersvorsorge beschäftigen wird, dürfte kein Weg mehr an einer Erhöhung des Rentenalters vorbeiführen. Nicht der angeblich rechtsbürgerlich vorangetriebene Sozialabbau wird der Auslöser sein, sondern die normative Kraft des Finanziellen. Die Frage wird sich dann noch weit deutlicher als schon heute stellen: Rentenkürzung oder länger arbeiten.

Die wirklich grosse und echte Revision werde dann die nächste sein, wird allenthalben angekündigt. On verra. Doch eines ist sicher: Die Party in der Sozialversicherung ist vorüber.

Peter Wirth, E-Mail
 


 

 

ALTERSVORSORGE 2020 IM NATIONALRAT


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