319  6. September 2016       
      
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KOMMENTAR


2. verbesserte Auflage?

Im November letzten Jahres hat die Oberaufsichtskommission BVG einen Weisungsentwurf zu den Anlagestiftungen in die Anhörung gegeben. Er kam nicht gut an. Genauer: er wurde so heftig kritisiert, dass die OAK keinen anderen Ausweg wusste, als vorerst das Vorhaben abzublasen. Dass die Anlagestiftungen als Direktbetroffene keine Freude an neuen Regulierungen haben würden, war abzusehen. Expert-Suisse als Vertreterin der Treuhandbranche war in ihrer Kritik aber noch um einiges schärfer und stellte damals in ihrer Stellungnahme fest: «Abschliessend sei darauf hingewiesen, dass die im Weisungsentwurf ausformulierten Anforderungen an Anlagestiftungen u.E. in Teilen weitreichender sind als die bestehenden regulatorischen Vorgaben für Pensionskassen. Insoweit stellt sich die Frage, ob der Weisungsentwurf bereits die richtige Stossrichtung und Flughöhe aufweist». Sowohl die KGASt wie auch Expert-Suisse warfen damals der OAK vor, die Weisung ohne ausreichende Gesetzesgrundlage verfasst zu haben. Ein massiver Vorwurf.

Jetzt ist ohne weitere Anhörung (und damit entgegen ursprünglichen Versprechungen) die definitive Weisung publiziert worden, ein Dreivierteljahr nach dem ersten Versuch. Am 1. September ist sie in Kraft getreten. Ein Vergleich von Entwurf und definitiver Fassung gibt Aufschluss darüber, wieweit die OAK von ihrem letztjährigen Höhenflug heruntergekommen ist.

Ein erster Vergleich zeigt: die während der neun Monate geleistete Arbeit erschöpft sich weitgehend in der Streichung einiger Zeilen. Das Streichkonzert(lein) ist das Resultat diverser «Workshops», welche die OAK mit den Direktbetroffenen geführt hat. Welche Vorgaben musste dabei die Behörde dem Rotstift opfern?

Unter 2.1. «Organisation» wurde verlangt, dass diese konform mit den «Anlagerichtlinien» zu erfolgen habe. Der Begriff Anlagerichtlinien mussten gestrichen werden, vor allem, weil er mit Bezug auf die Anlagestiftungen keinerlei Sinn macht. Bedeutend mehr fiel unter Punkt 2.2. «Infrastruktur» weg, nachdem die OAK offenbar einsehen musste, dass sie in Sachen IT nicht die erste Adresse für entsprechende Expertise sei. Gestrichen wurde etwa, dass «Die Summe aller Vorkehrungen und Methoden technischer, organisatorischer, baulicher und personeller Art (…) ausreichend [ist], um diese vor den Tatbeständen Datenverlust, Datenverfälschung, Datenzerstörung, Fehlmanipulationen und verbotene Dateneinsichtnahme zu schützen.» Gut und recht, aber was soll eine solche Vorschrift? Sie war offensichtlich das Produkt des allseits beliebten «Copy Past-Verfahrens» aus einer nicht näher genannten Quelle. Geblieben ist davon «Die IT-Infrastruktur ist der Geschäftstätigkeit angemessen.» Hoffen wir doch, desgleichen dass die Kaffeemaschine den Bedürfnissen der Belegschaft in jedem Moment zu entsprechen vermag und für frische Luft in den Büroräumlichkeiten gesorgt ist.

Aufgeben musste die OAK ihren dringenden Wunsch, dass es dem bei der Gründung beteiligten, staatlich beaufsichtigten Revisionsunternehmen «untersagt [ist], in den ersten drei Geschäftsjahren nach der Ausstellung des Prüfungsberichts für die Anlagestiftung als Revisionsstelle oder in der internen Revision tätig zu sein.» Dieser Misstrauensvorschuss ist nicht zuletzt den Treuhändern sauer aufgestossen.

Aufs Ganze gesehen beharrt die OAK auf ihren Vorstellungen, allerdings verlautet aus Kreisen der Anlagestiftungen «man könne damit leben». Man lässt aber auch durchschimmern, dass es eigentlich nicht akzeptabel sei, dass kein Unterschied gemacht werde zwischen bestehenden und neuzugründenden Anlagestiftungen. Aber offenbar fügt man sich, um nicht den Missmut der Aufsicht auf sich zu ziehen, mit der man sich auch in Zukunft zu arrangieren hat.

Eine grundsätzliche Frage drängt sich dennoch auf: die geltende AVS (Verordnung über die Anlagestiftungen) soll in absehbarer Zukunft revidiert werden. Das wäre der Anlass, allfällige Lücken zu schliessen und damit die OAK-Weisung gleich zu ersetzen. In die gleiche Richtung geht die Forderung von Expert-Suisse, die vor Jahresfrist festgestellt hatte: «Die in Abschnitt 2 des Weisungsentwurfs festgehaltenen Anforderungen ergeben sich im Wesentlichen bereits aus bestehenden gesetzlichen oder regulatorischen Vorgaben, namentlich dem BVG, der BVV 2 sowie der Verordnung über die Anlagestiftungen (ASV). Insoweit erübrigt sich eine separate Abhandlung in der angedachten Weisung an die Anlagestiftungen. Im Übrigen sollte zudem juristisch abgeklärt werden, ob und inwieweit die OAK BV über die gesetzlichen Vorschriften hinausgehende Anforderungen definieren kann». Diese juristische Abklärung ist nicht erfolgt. Was wohl nicht zu erwarten war. Und dass die OAK auf eine Weisung verzichtet, scheint eher unwahrscheinlich.

So haben wir die unbefriedigende Situation, dass die Direktbetroffenen der OAK-Tätigkeit dieser wenig entgegenzusetzen haben oder aus opportunistischen Gründen mit ihrer Kritik zurückhalten. Der Rest der Welt kümmert sich herzlich wenig um ihr Gebaren. Fruchtbarer Grund für den ungebremsten Regulierungseifer, der zunehmend Kräfte nutzlos in unserem Land absorbiert. Wenn die beiden Ochsen mit den Namen Sicherheit und Transparenz durchs Dorf getrieben werden, wagt niemand mehr, sich ihnen den Weg zu stellen.

Peter Wirth, E-mail
 


 

 

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