Prof. Reiner Eichenberger und David Stadelmann analysieren das System der beruflichen Vorsorge und ihre Probleme unter dem Aspekt der steigenden Lebenserwartung und der zunehmend besseren Prognosefähigkeit der Medizin bezüglich individueller Lebenserwartung. Sie schreiben:

Offensichtlich haben viele Politiker noch nicht verstanden, wie stark der medizinisch-technische Fortschritt den impliziten Generationenvertrag und die Versicherungsidee gefährdet, auf denen unser Alterssicherungssystem aufbaut. Für die heutigen Jungen lohnt es sich nur so lange, mit ihren Beiträgen die Renten der Alten zu finanzieren, wie sie vernünftigerweise erwarten können, im Alter dereinst ebenfalls von den Beiträgen der nächsten Generation von Jungen zu profitieren. Dazu müssen aber auch die zukünftigen Jungen wieder auf die übernächste Generation der Jungen vertrauen können, etc. Damit beruht die Stabilität der Altersvorsorge entscheidend auf dem Vertrauen der Jungen in den langfristigen Bestand des Systems.

Der medizinisch-technische Fortschritt droht dieses Vertrauen bald zu unterwandern, denn die Prognosen zur individuellen Gesundheit und Langlebigkeit werden schnell besser. Dank Genanalysen und anderen Diagnosetechniken können die einzelnen Beitragszahler immer besser abschätzen, wie lange sie nach der Pensionierung noch leben werden. Natürlich werden individuelle Lebenserwartungsprognosen nie perfekt sein. Aber sie werden bald so gut sein, dass Beitragszahler sie benützen, um zu entscheiden, ob sie das Kapital aus der zweiten Säule vorbeziehen sollten.

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