Peter Ruch, 35 Jahre reformierter Pfarrer, äussert sich in der Weltwoche über die AV2020:

Meine Generation in der westlichen Welt ist plus / minus in die besten ökonomischen Verhältnisse der Weltgeschichte hineingeraten. Und ausgerechnet wir sollen nun von den Kindern etwas bekommen. So will es die «Rentenreform ». Sie ist derart halbbatzig durchdacht, dass bereits in rund zehn Jahren die Schieflage zurückkehrt. Die 70 Franken zusätzliche AHV sind so verfehlt wie der weiterhin überhöhte Umwandlungssatz bei der zweiten Säule. Und die 70 Franken gehen an diejenigen, die ohnehin während zwanzig Jahren aus dem Sicherheitsfonds für den minderen Umwandlungssatz entschädigt werden.

Aus christlich-ethischer Sicht verdient die Vorlage keine Zustimmung. Wird sie abgelehnt, so ist die Bahn frei für eine Rentenreform, die diesen Namen verdient. Rentenbeschlüsse müssen im Horizont von zwei bis drei Generationen erfolgen. Wird die Vorlage angenommen, so erweist sich die staatliche Altersversorgung definitiv als reformuntauglich. Das würde zugleich für den gesamten Sozialstaat gelten, denn entsprechende Symptome zeigen auch andere Bereiche, etwa die medizinische Versorgung.

In diesem Fall ist es die Pflicht von Politik und Gesellschaft, den Sozialstaat vollständig zurückzubauen. Dafür existieren Modelle. Die Menschheit hat viel häufiger und länger ohne Sozialstaat gelebt als mit ihm. Solidarität, Stiftungen und geringerer Verbrauch können ihn ersetzen.