Die NZZ sieht in den Entscheiden der Sozialkommission zur bevorstehenden Behandlung der Altersvorsorge 2020 im Nationalrat viele taktische Überlegungen. Das Blatt schreibt:

FDP und SVP blieben ihren Positionen treu und verhalfen so dem Rentenalter 67 – abgefedert durch ein zweistufiges Verfahren – zu einer knappen Mehrheit in der Sozial- und Gesundheitskommission (SGK) des Nationalrats.

Dies taten sie im Wissen darum, dass ein solcher Interventionsmechanismus im Ständerat kaum Chancen hat. Denn neben inhaltlichen haben auch taktische Gründe eine Rolle gespielt. Im Ständerat prägten SP und CVP die Rentenreform, was zu einer allgemeinen AHV-Rentenerhöhung von monatlich 70 Franken und zur Aufstockung der plafonierten Ehepaarrente führte. Beide Beschlüsse kippte die Kommission aus der Vorlage. Um genügend Verhandlungsmasse für die Endausmarchung zu haben, wollen FDP und SVP im Nationalrat gewichtige Differenzen zur Fassung des Ständerats schaffen.

So ist ein Szenario möglich, in dem der Nationalrat bei der Bereinigung der Vorlage auf das Rentenalter 67 verzichtet, falls der Ständerat im Gegenzug die 70 Franken fallenlässt. Ebenso aus taktischem Kalkül schreien nun Gewerkschaften und Linke laut und unisono «Rentenmassaker». Sie wollen damit Stimmung machen für ihre AHV-Initiative.

Massive Kritik gibt es beim Tages-Anzeiger:

Noch selten hat der politische Betrieb in Bern einen so unzweifelhaft zum Scheitern verurteilten Entwurf hervorgebracht. Geht es nach den rechts­bürgerlichen SGK-Vertretern, sollen die Schweizer auf einen beachtlichen Teil ihrer heutigen Altersansprüche verzichten. Besser verdienende Männer und Frauen Mitte vierzig müssten Renteneinbussen von über 2000 Franken pro Jahr hinnehmen. Und nicht nur das: Im Gesetz soll ein Mechanismus verankert werden, der je nachdem einen automatischen Anstieg des Rentenalters auf 67 Jahre auslöste.

SVP, FDP und Grünliberale gebärden sich so, als hätten zwei Jahrzehnte Abstimmungsgeschichte nicht existiert. Mehrfach hat sich gezeigt, dass brachiale Sparvor­lagen in der Altersvorsorge beim Volk nicht durchkommen. Man denke an den grandios misslungenen Versuch von 2010, die Pensionskassenrenten zu senken.

  NZZ  /   Tages-Anzeiger