Bruno Eugster, Fachanwalt Erbrecht SAV, schreibt in der NZZ über Missbrauchspotenzial im Erbrecht, das derzeit revidiert wird. Dies betrifft insbesondere die berufliche Vorsorge, bei welcher durch Einkäufe Vermögen den Nachkommen aus erster Ehe entzogen werden kann. Eugster schreibt:

Eine nach wie vor ungelöste Frage ist der Zusammenhang von beruflicher Vorsorge und Erbrecht. Der Entwurf will die gebundene Vorsorge vollkommen beim Vorsorgerecht belassen und vom Erbrecht ausschliessen. Das führt zu stossendsten Ergebnissen.

Der «Klassiker» sieht etwa wie folgt aus: Nach 15 Jahren wird eine Ehe in gehobenen mittelständischen Verhältnissen geschieden. Die Eheleute haben kaum freies Vermögen, das Alterskapital in der beruflichen Vorsorge aber beträgt 700 000 Franken. In der Scheidung wird das Alterskapital geteilt. Der Ehemann verheiratet sich nochmals und hat angesichts seines nach wie vor guten Einkommens in der Pensionskasse einen stattlichen Verlust erlitten. Diesen verbessert er gerne durch freiwillige Einlagen, einkommenssteuerfrei jedes Jahr um einen fünfstelligen Betrag.

So gelangt er wieder zu Vermögen, wenn auch anwartschaftlich. Auf die Pensionierung hin wählt er Rente. In seinem Nachlass befindet sich aber kaum freies Vermögen, dafür hat er einen stattlichen Pensionsanspruch. Die Nachkommen aus erster Ehe sind bereits volljährig. Damit haben diese keinen Anspruch mehr. Die Pensionskassengelder kommen voll der zweiten Ehefrau zugute. Anders gesagt: Durch den Einkauf in die Pensionskasse wird der einbezahlte Betrag den Nachkommen völlig entzogen. Legal hat er damit das Erbrecht der Nachkommen aus erster Ehe umgangen. Dieser Missbrauch ist gang und gäbe. Der Gesetzgeber sollte nicht darüber hinwegsehen.

Es wäre sehr wünschenswert, wenn in der Erbrechtsrevision auch das Verhältnis zum Vorsorgerecht nochmals überlegt werden würde. Ausgeklammert ist das Erbschaftssteuerrecht. Das ist nach der Volksabstimmung vom vergangenen Jahr sicher richtig. Dennoch ist einzuräumen, dass die Revision des Erbrechts klar Vorteile und Verbesserungen bringt:

  NZZ / BJ Erbrecht