“Die Rentner halten sich nicht an den Generationenvertrag von 1986, der da heisst: jeder spart für sich selber”, hält Andreas Valda im Tages-Anzeiger fest und beschreibt die aktuelle Situation zwischen Jungen und Alten anhand von vier Szenarien resp. konkreten Schicksalen. Über die individuellen Schicksale und Interessen hinaus gibt es aber auch konkrete Entwicklungen und Fakten, die sich mit politischen Schlagworten nicht aus der Welt schaffen lassen. Valda schreibt:

Beginnen wir bei der Lebenserwartung. Als das BVG 1986 obligatorisch wurde, wurden Männer mit 65 pensioniert. Sie lebten im Durchschnitt bis 81. Die Lohnbeiträge, die sie während 40 Jahren entrichteten, mussten im Schnitt 16 Jahre lang reichen. Heute werden Männer noch immer mit 65 pensioniert, sie leben aber im Schnitt bis 87. Das heisst, das gleiche Pensionsguthaben muss für 22 Jahre reichen – also rund 1,3-mal so lang –, obwohl gleich viel Lohnbeiträge abgezogen werden. Analoges gilt für die Frauen. Es ist logisch, dass diese Rechnung nicht aufgehen kann.

Und nun zur Wirtschaftsentwicklung. Als die 2. Säule obligatorisch wurde, ging man durchschnittlich von 1 bis 2 Prozent realen («echten») Lohnerhöhungen jährlich aus und einer Inflation von 2 bis 3 Prozent. In der Summe wurden deshalb jährlich 4 Prozent den BVG-Guthaben gutgeschrieben. Seit 15 Jahren aber steigen die Löhne jährlich im Schnitt um 0,7 Prozent, die Inflation beträgt 0,6 Prozent – zusammen 1,3 Prozent. Dennoch müssen Rentnern je nach Kasse 3 bis 4 Prozent gutgeschrieben werden, im Schnitt 3,16 Prozent, so steht es in der Swisscanto-Pensionskassenstudie. Die Kassen müssen zahlen, weil die aktuellen Renten sonst nicht finanziert werden könnten.

Wie viel wird umverteilt? Die Umfrage von Swisscanto für 2014 bei 440 Kassen, die 70 Prozent des Vermögens halten, zeigt Folgendes: 2,3 Millionen Arbeitnehmende teilen sich ein Vorsorge­vermögen von 285 Milliarden Franken. Für dieses erhalten sie 2,55 Prozent Zins oder 7,3 Milliarden. Auf der anderen Seite die Rentner: 700’000 besitzen 274 Milliarden. Dieses Kapital wird im Schnitt zu den genannten 3,16 Prozent verzinst, sie erhalten 8,7 Milliarden – 1,4 Milliarden mehr als Aktive. So aber war es im Generationenvertrag von 1986 nicht abgemacht. Der Bundesrat machte damals klar, dass jeder für seine eigene Rente anspart. Heute aber zahlen Arbeitnehmer einen Teil der BVG-Rente, als wäre es die AHV. Nur in der AHV ist vereinbart, dass wir Angestellte monatlich die AHV-Renten finanzieren.

Schon damals sagte der Bundesrat: Wenn die Lebenserwartung oder die Wirtschaftsentwicklung aus dem Ruder laufen, muss die Rente reduziert werden. Das Parlament war 1986 noch so gescheit, dass es ihm die Kompetenz gab, im Notfall die BVG-Renten zu senken. 2004 nahm das Parlament (unter Mithilfe der Bürgerlichen) ihm diese Kompetenz weg. Jetzt ist die Rentenhöhe im Gesetz festgeschrieben. Um diese zu ändern, wird eine Art Erpressung durch die Linke und Gewerkschaften betrieben: Zahlt mehr AHV, dann senken wir euch die künftigen BVG-Renten. Andernfalls läuft halt die Umverteilung weiter. Ehrlich wäre: Wir leben länger, also arbeiten wir auch länger. Dann wäre der Generationenvertrag der 2. Säule, wie es die heutigen Rentner 1986 vereinbart haben, wieder eingehalten. Das zu diskutieren, ist keine Polemik der Jungen, sondern eine Notwendigkeit, um die zukünftigen Lasten zu klären.

Tages-Anzeiger